Schwerpunkt der Schwarzbärjagd in Kanada ist zweifelsfrei Vancouver Island. Dieser Landstrich beheimatet die größte Schwarzbärpopulation der Welt. Somit liegt es nahe, dass Philippe Jaeger es hier auf einen alten Schwarzbären versucht.
Einzigartiger Fleck der Erde
Vancouver Island ist für die Schwarzbärjagd in Kanada das, was der Champs Elysees für Paris ist, ein einzigartiger Fleck der Erde. Nachdem wir uns zwei Tage auf der Ostseite der Insel von unserem Jetlag erholt haben, machen wir uns am dritten Tag in den Nordwesten über die „Nördliche Inselroute“ auf. Nach einer dreistündigen Fahrt, die uns entlang der Küste des Campbell Flusses führt, geht es nach Westen, tief in den großen Wald, wo die Säulen mittelalterlicher Kathedralen wie Zahnstocher im Vergleich zu den riesigen Zedernbäumen wirken, die bis in den Himmel reichen. Nach 200 Kilometern biegen wir auf einen 60 Kilometer langen Pfad, der nach Fair Harbour führt, wo unser Boot erwartet. Dorsen, unser Jagdführer erklärt uns, dass unsere Hütte nicht weit von der Pazifikküste entfernt in einer geschützten Bucht liegt. Während wir das Allradfahrzeug ent- und das Boot beladen, beobachten wir eine Unzahl von Vögeln, Robben, Ottern, sowie Garnelen, die sich in den Fallen gefangen haben, die Dorsen am Morgen ausgebracht hatte. Das Abendessen ist also schon mal gesichert.
Schwarzbärjagd in Kanada – Abenteuer liegt in der Luft
Vancouver Island ist nicht wirklich ein Ort für Extremjagden. Der Grad an Komfort und Sicherheit ist dafür eigentlich zu hoch, doch der Du von Abenteuer liegt trotzdem in der Luft, wenn man die klaren Gewässer und die dicht bewaldeten Berge mit den steilen Pfaden betrachtet. Ein tatsächliches Paradies, nicht nur für Bären, wie wir bald erfahren werden. Bei unserer Unterkunft handelt es sich um eine eingeschossige Blockhütte aus gigantischen Zedernstämmen. Nachdem wir eingezogen sind, bringt uns Dorsen zu einer großen Bucht, zu der Bären oft am Abend zum Grasen kommen. Es ist Anfang Mai, nun sind die männlichen Bären aus dem Winterschlaf erwacht und fressen nur Gras. Zwischen dem Fressen schlafen sie für einige Stunden, so dass die beste Zeit, einen Bären in Anblick zu bekommen, zwischen 15.00 und 21.00 Uhr ist.
Ausblick mit Überraschung
An unserem ersten Abend der Schwarzbärjagd in Kanada beobachten wir drei Bären von einem felsigen Ausguck aus. Der Älteste hat jedoch seinen Winterbalg schon fast verloren, und die beiden anderen sind noch zu jung. Schwarzbären sind am Morgen nicht besonders aktiv. So haben wir die Möglichkeit, uns auszuruhen und ziehen erst um 10.30 Uhr los. Der Nordwesten von Vancouver Island ist in viele, mehr oder weniger große Inseln unterteilt, die alle Schwarzbären beheimaten, die zu den Stränden und Buchten zum Fressen kommen. Nach und nach verlassen auch die Bärinnen mit ihren Jungen die Höhlen, in denen sie den Winter verbracht haben. Für sie sind die großen Männchen eine Gefahr. Deshalb werden auch nur alte Hauptbären bejagt. Die Schwarzbärpopulation hat eine große Bedeutung für die Inselgruppe, da Grizzlies hier nicht vorkommen. Jeder der Bären hat sein eigenes Grasland, das sich auf einigen hundert Quadratmetern erstreckt. Dorsen kennt die Bären, die zum Grasen in die Bucht kommen.
Weite Panoramaaussicht
Gegen 15.00 Uhr etwa beziehen wir unseren Posten in einer Bucht, in der Dorsen eine Woche zuvor einen alten Schwarzbären gesehen hat. Wir genießen die weite Panoramaaussicht unseres Ausgucks. Über uns führen Adler Luftkunststücke durch, und unter uns stibitzen Seeotter Austern und andere Weichtiere, während Dorsen ständig Ausschau nach Bären hält. Eine Stunde später beginnt es gerade zu nieseln, als eine plötzliche Bewegung unsere Aufmerksamkeit erregt. Ein Küstenwolf ist am Strand aufgetaucht und bewegt sich direkt auf uns zu. Ich mache mich fertig, aber er bietet mir keinen günstigen Schusswinkel. Dorsen misst mit dem Entfernungsmesser die sich verringernde Distanz. Es ist ein starker Rüde. Das Spektakel ist beeindruckend, und als er sich nach links in den Wald abwendet, bleibt die Kugel im Lauf. Er verschwindet hinter einem Kliff, und wir bleiben verdutzt zurück. Eine vertane Chance.
Die erneute Chance
Kurz danach erscheint der Wolf jedoch wieder auf dem Felsen, hinter dem er zuvor verschwunden war – 161 Meter misst der Entfernungsmesser. Ich platziere das Absehen auf seinem Blatt, und er bricht im Schuss zusammen. Wieder ist er verschwunden, aber diesmal tödlich getroffen. Nur einer von hundert Jägern bekommt die Chance, einen Küstenwolf während seines Aufenthalts auf Vancouver Island zu erlegen. Auch Dorsen hätte niemals davon geträumt, dieses legendäre Tier, das für seine misstrauische und scheue Art bekannt ist, zu erlegen.
Der letzte Jagdtag
Am nächsten Tag führen wir unsere Erkundung der Umgebung auf der Schwarzbärjagd in Kanada fort. Zwei Bären wandern auf uns zu, beide scheinen alt genug zu sein. Jedoch sind diese zwei sehr vorsichtig und aufmerksam, eine Pirsch ist so nicht möglich. Am letzten Tag unserer Jagdreise fährt Dorsen noch mal alles auf. Früh morgens verlassen wir die Jagdhütte, um nach zwei Stunden Seefahrt an einer anderen Insel an Land zu gehen. Quadbikes bringen uns auf einer 40 Kilometer langen Strecke über alte Pirschwege, an einer Klippe entlang und 200 Meter über der Bucht über drei Flüsse an unser Ziel. In der Ferne sehen wir den Pazifik und gigantische Wellen, die über der Küste zusammenbrechen. Mit dem Spektiv suchen wir die Bucht ab. Es ist Mittagszeit. Nicht gerade die perfekte Stunde für Bären, aber an unserem letzten Tag wird jede Minute genutzt. Nach 14 Stunden wird unser Durchhaltevermögen belohnt, als ein Schwarzbär in unser Sichtfeld schreitet. Dorsen spricht den Bären sorgfältig an, schnell kommt das Urteil: zu jung. Trotzdem ist es ein bemerkenswertes Schauspiel. Der Bär schrubbt sich, auf seinen Hinterbeinen stehend, den Rücken und rollt sich genussvoll im Gras.
Schwarzbärjagd in Kanada – der passt!
Nach 45 Minuten verschwindet er im Dickicht, fast zeitgleich taucht ein weiterer Bär auf. Dorsen hechtet zum Spektiv, und schon wenige Sekunden später gibt er das erhoffte Signal: Ausrüstung schultern, der passt! Über eine steile, schlammige Buschkante pirschen wir in Richtung der Bucht. An der Bucht angekommen, überprüfen wir die Ausrüstung und befreien die Gewehre von Gestrüpp. Zum Glück gibt es Mündungspflaster. Der Bär ist nur noch 100 Meter entfernt, langsam pirschen wir seine letzte Position an. Dort ist er jedoch nicht mehr, die Hitze hat ihn zurück in den Schatten getrieben.
Alt und voller Narben
Dorsen überlegt und entscheidet sich gegen eine erneute Besteigung der Klippe, die Chance, einen Überblick über die ganze Bucht zu erhaschen, scheint ihm zu unwahrscheinlich. Wir ziehen weiter, bis wir einen alten Baumstumpf erreichen. Frei von Gestrüpp ist die Sicht hier deutlich besser. Schon kurz nachdem Dorsen mit dem Glasen begonnen hat, erstarrt er und flüstert: „Bär!“ 350 Meter entfernt, auf der anderen Seite der Bucht, grast ein alter Petz. Erneut überqueren wir die drei Flüsse, dieses Mal am tiefsten Ende. Das eiskalte Wasser umspült unsere Knie und lässt unsere Füße zu Eisklötzen erstarren. Wir entkommen dem eiskalten Wasser und verstecken uns hinter einem umgestürzten Baum. Der Bär ist schnell gefunden. Nur 100 Meter entfernt in einer kleinen Schlucht grast er, jedoch ist nur sein Rücken sichtbar. Die Büchse ruht sicher auf dem Schießstock, die Deckung macht einen sicheren Schuss jedoch unmöglich.
An Ort und Stelle binden
Wir pirschen noch näher ran, und auf 70 Meter können wir die Hälfte seines Körpers erspähen. Dorsen wispert: „Hinter der Schulter, aber noch nicht jetzt.“ Die Masse an schwarzem Fell liefert keinen guten Kontrast und macht ein Ansprechen der Schulter schwer. Der Bär grast. Mit gesenktem Haupt bewegt er sich langsam auf das nächste Bassin zu. Als er die Kante überschreitet und uns seinen ganzen Körper offenbart, wispert Dorsen: „Schieß!“ Der Bär bricht im Schuss zusammen, zum Glück ist die nächste Kugel schon im Lauf, denn der Bär steht auf. Er versucht zu fliehen, doch eine zweite und dritte Kugel binden den alten Bären an Ort und Stelle. Nach ein paar Minuten nähern wir uns dem Wundbett. Vor uns liegt ein altes Exemplar, geschätzt 15 Jahre. Die Zähne sind fast bis aufs Zahnfleisch abgenutzt, und sein immer noch dichter Pelz offenbart durch viele Narben zahlreiche Revierkämpfe.
Hauptgrund: Wildbret
Die Schwarzbärjagd in Kanada ist vorbei, nach ein paar Erlegerbildern beginnt die rote Arbeit. Kanadisches Recht ist sehr strikt, Hauptgrund für die Jagd ist der Fleischgewinn. Hüfte und Schultern werden zusammen mit Pelz und Schädel getragen, stolze 110 Kilogramm, verteilt auf zwei Personen. Zusammen mit unserer Ausrüstung wahrlich keine leichte Aufgabe. Nach den zuvor erwähnten drei Flüssen, einem Moor und der höllischen Buschkante erreichen wir erschöpft, aber euphorisch unsere Quads. Auf dem Wasser, unterwegs zur Jagdhütte, begleiten uns drei Orcas, nur wenige Meter vom Boot entfernt. Kurz darauf erspähen wir noch eine Bärin plus Nachwuchs in einer Flussmündung, während in der Luft tausende Gänse nach Alaska fliegen. Der Frühling hat Vancouver Island fest im Griff.
Notwendige Ausrüstung
Das Wetter ist oft wechselhaft, ob Frühling oder Winter, daher ist die richtige Ausrüstung von höchster Wichtigkeit. Als Kleidung sollte man auf atmungsaktive Unterschichten zurückgreifen, dazu wasserdichte Hosen und eine Regenjacke. Eine Jacke mit Kapuze ist zu empfehlen, vor allem die Bootstouren sind sehr windig. Die Socken sollten aus Wolle sein, diese wärmen die Füße auch, wenn sie nass sind. Für die Jagd an der Küste sind Gummistiefel gut geeignet, im Hinterland jedoch sollte man leichte Wanderstiefel tragen. Bären jagen, ohne dabei nasse Füße zu bekommen, ist nämlich nahezu unmöglich. Weiterhin sind ein Insektennetz, Rucksack, Handschuhe, Sonnencreme und Sonnenbrille mitzubringen. Das Mindestkaliber ist .270 Win. oder 7x64. Als Vorbereitung auf die Reise sollte man das Schießen vom Schießstock aus verschiedenen Positionen üben. Auch das schnelle Repetieren und Antragen des zweiten und dritten Schusses muss geübt werden. Zirka drei Schuss in zehn Sekunden sollte man hinbekommen.