Eine Einladung zur Saujagd nach Frankreich! Schon diese lässt das Gemüt des ruhigen Ostfriesens in Wallung kommen. Und dann geht die Reise an die zauberhafte Loire. Dort entdeckt der ausgeglichene Niederwildjäger anlässlich einer spektakulären Saujagd eine ganz andere Seite an sich.
Drückjagd im Loire-Delta
Als ich meinen Drückjagdbock besteige, bekomme ich Mitleid mit den von Bismarcks. Seit 15 Jahren kämpft die Familie um ihr Jagdgatter in Schleswig-Holstein. Und ich stehe in einem, mitten in Frankreich. In Deutschland ein Politikum, hier noch ganz normal. MyOutdoortv, Hornady, Aimpoint, Sauer und Härkila haben einige Jagdjournalisten zur Premiere des neuen Films „Wildboarfever IX“ ins Loire-Delta eingeladen. Der Streaming-Dienst aus den USA ist der weltweit größte Anbieter von Jagd- und Angelfilmen. Während der Expansion nach Europa kaufte das Unternehmen Hunters Video auf und „erbte“ damit die Wildboarfever-Serie.
Wichtiges Selbstvertrauen bei der Saujagd in Frankreich
Inhaltlich ist alles beim Alten: Franz-Albrecht Oettingen-Spielberg und einige ähnlich begabte Jäger erlegen auf den besten Jagden Europas viele Sauen. Auf der Premiere am Abend vor der Drückjagd sehe ich, was einen Drückjagdprofi wie Franz-Albrecht und einen Niederwildjäger aus der Weser-Marsch wie mich unterscheidet: so ziemlich alles. Zum Glück hat das Jagdgatter seinen eigenen laufenden Keiler. Hier dürfen alle noch mal üben und ein bisschen Selbstvertrauen sammeln.
Perfekte Schneisen
Es ist meine erste Saujagd in Frankreich und meine fünfte, seit ich überhaupt jagen darf. Trotzdem fällt mir sofort auf: Irgendwie ist hier alles anders. Die Schneise ist breit, perfekt gepflegt und scheint nur aus einem Grund zu existieren: Wildschweine drüber rennen zu lassen. Unsere Drückjagdböcke stehen für mein Empfinden unangenehm nah zueinander. 35 Meter liegt zwischen mir und dem nächsten Schützen. Wie eine Perlenkette stehen die Böcke am Schneisenrand. Hier muss schnell und gut geschossen werden. Während ich noch über Schusswinkel und Wechsel nachdenke, erlegt mein Standnachbar seine erste Sau. Christian ist Däne, er hat einen Vollbart, und er passt besser auf als ich. Der Überläufer hatte sich regelrecht angeschlichen.
Schnelle Schweine
Treiberwehr und bellende Hunde sind zwar noch weit weg, aber die Schwarzkittel des Gatters wissen, was der Lärm bedeutet, und sind lieber pro aktiv. Das bedeutet auch, dass keine Sau im entspannten Trott über eine Schneise wandelt. Egal wie weit die Treiberwehr weg ist – jede Sau kommt hochflüchtig über die Schneise. Und das schon Ende September. Zwischen den Kiefern und Birken drängen sich dicht bewachsene Büsche. Beste Voraussetzung für die Schwarzborstler. Als wir gegen Mittag abbaumen, liegen zehn Sauen auf der Strecke. Die Hundeführer stöhnen, und die Hunde hecheln. Es ist heiß.
Saujagd in Frankreich – kapitale Keiler
Jetzt aber, denke ich triumphierend, als ich meinen Stand im zweiten Treiben sehe. Wieder stehen die Drückjagdböcke eng nebeneinander, und wieder ist Christian mein Sitznachbar. Aber sonst ist alles anders. Wir sitzen an einer breiten Schneise in direkter Sichtlinie des größten Sees im Gatter. Vor uns liegen 20 Meter Buschstreifen, darauf ein lichter Birkenhain. Auf der anderen Seite der Schneise wächst hüfthoher Busch. Es ist drei Uhr nachmittags und knapp 23 Grad warm. Alle sind sich sicher: Rund um den See werden die meisten Sauen stecken. Kurz nach dem Aufbaumen raschelt es direkt vor meinem Stand, und ich blinzele aufgeregt den Schweiß aus den Augen. Christian und ich verständigen uns per Handzeichen, und ich werfe ein Stück Holz in den Busch, genau auf die Stelle mit dem hoffentlich kapitalen Keiler. Es passiert: nichts. Einige Stände weiter, näher am See, wechselt Rotte nach Rotte über die Schneise. Bei uns passiert: weiterhin nichts.
Plötzlicher Anlauf
Meine Aufregung legt sich. Als die ersten Hunde aus dem Birkenhain auf uns zulaufen, lasse ich enttäuscht die Büchse sinken. Das war’s, außer Sonnenbrand nichts gewesen, denke ich. Auf einmal beginnt der Busch unter mir sich zu schütteln und spuckt eine starke Sau aus. Anders kann ich es nicht beschreiben, auf einmal ist sie da. Und sie gibt Gas, der graue Schlamm aus der Schwarte lässt bei jedem Satz nach vorne kleine, graue Wolken zurück. Ich reiße die Büchse hoch, backe an und schieße. Keine Reaktion. Auch Christian legt an und lässt fliegen, als der Keiler im Dickicht verschwindet. Ich höre im Hinterkopf die Stimme unseres Jagdleiters Jean Pierre: „So lange schießen, bis die Sau liegt! Kein Hundeführer möchte eine lange Nachsuche im dichten Unterholz riskieren.“
Gemeinsamer Erfolg
Ich werde noch einen Schuss los, bevor nur noch der Widerrist des Keilers sichtbar durch den Unterwuchs pflügt. Und nach 30 Metern plötzlich wegsackt. Erleichterung macht sich breit. Christian und ich klettern von unseren Böcken und bergen gemeinsam mit zwei Hundeführern die Sau. Wer den tödlichen Schuss angebracht hat? Wir wissen es nicht. Der Keiler hat auf beiden Flanken Kammerschüsse. Egal. Wir sind froh, uns auf der Saujagd in Frankreich bewiesen zu haben. Ich muss wieder an die von Bismarcks denken. Hier würde es ihnen gefallen.