Einen reifen Rothirsch während der Brunft zu bejagen, gehört für die meisten Jäger zum Höhepunkt der europäischen Jagd. Als besonders spannend und fesselnd erwies sich, wie Jens Ulrik Høgh feststellen musste, die Brunft im polnischen Staatsforst.
Langsames Pirschen
Vorsichtig haben wir uns nun über anderthalb Stunden hinweg an einen kapitalen Recken angepirscht. Durch die geringe Windstärke hielt der Betrieb auf dem Brunftplatz immerhin bis in die späten Morgenstunden an. Zu unserer großen Überraschung meldeten gleich sieben Hirsche nahezu gleichzeitig und fackelten wahrlich ein Brunftfeuerwerk ab. Unser Guide, Franek, schätzte die Brunft in diesem Jahr als eine der stärksten ein, die er jemals in diesem polnischen Revier erlebt hat. Die Gegend ist ohnehin über die Landesgrenzen hinweg für den ausgeprägt gesunden Rotwildbestand bekannt.
Rothirschjagd in Polen – ohrenbetäubende Lautstärke
Sobald das tiefe Röhren eines Hirsches im Forst ertönte, machten wir uns auf, näher an die Quelle heranzukommen. Die Lautstärke war dabei ohrenbetäubend, sodass wir uns erhofften, möglichst unbemerkt an den Brunftplatz heranzukommen. Mit günstigem Wind und dem nötigen Feingefühl für das Pirschen, klappte dies auch sehr gut. Wir waren nun so nah an den Brunftplatz herangekommen, dass wir förmlich das Atmen des Hirsches in den Röhrpausen hören konnten. Der intensive Brunftgeruch lag an diesem schwülen Sommertag pausenlos in der Luft. Summende Fliegen begleiteten unsere Pirsch, als mir schnell die ersten Schweißperlen über die Stirn liefen.
Majestätischer Anblick
Auf der Rothirschjagd in Polen beobachteten wir ein Dickicht, welches sich keine 20 Meter vor uns befand. Wir konnten hören, dass der gesuchte Recke sich nicht mehr bewegte, zweifellos bedingt durch die vergangene, strapaziöse Nacht. Der König der Wälder bot uns nun zum ersten Mal seinen prachtvollen Anblick. Tatsächlich konnten wir durch das Dickicht jedoch nur die Krone des Geweihs erkennen. Sofort fiel uns auf, dass es sich um einen starken Hirsch handelt – allerdings zu jung um ihn zu erlegen. So genossen wir einfach nur den Anblick dieses majestätischen Stück Wildes, keine 10 Meter von uns entfernt.
Ein alter Krieger
Später am Tag pirschten wir auf einem Forstweg, der durch ein riesiges Moor begrenzt wurde. Nach ein paar Stunden Brunftpause über die Mittagshitze, zog das Kahlwild jetzt wieder zurück an die Brunftplätze in den sumpfigen Wäldern. Tief im Forst hörten wir nun zwei Hirsche, die in einen innigen Brunftkampf verwickelt waren. Durch das laute Aufprallen der Geweihstangen gab es keine Zweifel, dass es sich um einen intensiven Kampf handelte. Nach kurzer Pirsch konnten wir endlich die beiden Duellanten ausmachen und ansprechen. Franek brauchte nur einen kurzen Augenblick des Ansprechens um sich sicher zu sein, dass einer der beiden Hirsche ein alter und damit passender ist. Kurz darauf beendeten die beiden ihr Duell und der Ältere der beiden zog, nachdem er eine verheerende Niederlage einstecken musste, zu unserem Glück parallel zu uns.
Der richtige Moment
Der Hirsch wechselte auf eine Freifläche zu, wie Franek sofort antizipierte. Um den Recken nicht aus dem Blickfeld entkommen zu lassen, mussten wir einen leichten Laufgang einlegen. Abrupt blieb Franek nun stehen und stellte den Schießstock auf. Als ich intuitiv die Büchse auf den Schießstock auflegte, lokalisierte ich eine Bewegung in einer Baumreihe. Das Zielfernrohr befand sich auf einer 4-fachen Vergrößerung, welche ich gerne auf der Pirsch als Standardeinstellung habe. Ich konnte den Gesuchten auf etwa 70 Meter ausmachen. „Schießen“ flüsterte Franek mir zu. Zum Schießen blieb mir jedoch keine Chance, erblickte ich doch nur Bäume und dahinter die groben Umrisse des Hirsches. Im Anschluss realisierte ich jedoch, dass sich das Stück in Richtung einer Schneise bewegte, in der ich die Chance auf einen Schuss hatte. Mein Finger zitterte gebannt über dem Abzug.
Scharfsinniger Hirsch
Der alte Recke muss gewusst haben, dass etwas nicht stimmte. Den Körper bedeckt, nur das Haupt und den Träger sichtbar, verhoffte er halb auf der Schneise stehend. Gebannt sicherte er in unsere Richtung. Ich wusste, dass ich nur noch wenige Sekunden hatte, um zu reagieren. Instinktiv platzierte ich das Absehen auf der Verbindung zwischen Träger und Körper und ließ fliegen. Ich vernahm, dass die Kugel den Recken zu Boden bannte. Kurz darauf machte er sich jedoch wieder hoch und verschwand im Farnkraut. Langsam bewegten wir uns nun auf den Anschuss zu. Wir näherten uns dem Anschuss und fanden den Geweihten nur ein paar Meter vom Anschuss entfernt. Nach einer kurzen Totflucht hatte er sich im Farn niedergetan.
Waidmannsheil auf der Rothirschjagd in Polen
Was für ein Recke! Er war zwischen 10 und 12 Jahren alt, stark im Wildbret und geweihlich in einer perfekten Symmetrie. Bedeckt mit Schlamm, vernahmen wir den eindeutigen Brunftgeruch des Wildes. Für einen Moment übermannte uns die Stille und wir zollten dem gefallenen Giganten intuitiv unseren tiefsten Respekt. Franek überreichte mir im Anschluss feierlich den Bruch und gratulierte mir mit einem kräftigen „Waidmannsheil“.
Ein besonderes Revier
Früh am nächsten Morgen, auf der Rothirschjagd in Polen, waren wir wieder draußen. Diesmal auf den umliegenden Weiden des Sumpfes, um die imposante Brunft noch einmal zu erleben. Solch ein Spektakel durfte ich in Europa noch nie bestaunen. Durch den Morgennebel erklang wieder das tiefe Röhren der Hirsche. Unzählige Stücke tummelten sich auf den Grünflächen und auf den Brunftplätzen. Das Ganze nahm unglaubliche Ausmaße an, sahen wir doch gerade auf vier Weiden verteilt, um die 1000 Stück Rotwild. Dies ist wohl der atemberaubende Erfolg jahrelanger und professioneller Rotwildhege. An diesem Tag hatte ich das großartige Glück, einen weiteren, minimal geringeren Hirsch zu strecken. Franek stoppte ihn auf seinem Weg zum Brunftplatz und die Hornady GMX fand ihr Ziel zuverlässig. Zmigrod in Polen ist wahrlich ein besonders wilder Fleck in Europa und definitiv einen Besuch wert. Ohne Zweifel werde ich hierhin zurückkehren!