Keilerjagd in Osteuropa – der Traum eines jeden passionierten Saujägers. Wie stark, das sei jedem selbst überlassen. Doch wo in Osteuropa die Aussichten, ein hochkapitales Hauptschwein zu erbeuten, am Erfolg versprechendsten sind, verrät ein Jagdreisevermittler.
Größe ist relativ
Schönheit liegt im Auge des Betrachters, und Größe ist relativ. In Kindheitstagen und mit einem Luftgewehr bewaffnet, war die Taube zwischen den Spatzen eine große Beute, und wie die ersten Sauen in unserem Niederwildrevier fielen, erschienen mir bereits Frischlinge groß und bessere Überläufer gar gewaltig. War der Überläufer männlich und zeigte zwei Zentimeter Waffen, sprachen die Jäger gleich von einem Keiler, was heutzutage eher Assoziationen mit deutlich stärkeren und schwereren Stücken hervorruft.
Was ist eigentlich stark?
Aber was ist ein wirklich starker Keiler, nicht nur auf der Keilerjagd in Osteuropa? Muss er alt sein, starke Waffen tragen oder einfach nur schwer und groß sein? Am imponierendsten ist sicher letzteres, der passionierte Schwarzwildjäger wird sich aber zu Recht alle drei Eigenschaften für seinen Lebenskeiler wünschen. In unseren heimischen Revieren sind 100 Kilogramm sicher eine Marke, ab der wir von einer großen Sau sprechen können. Stärkere sind zwar selten, aber kommen bisweilen vor, und es wird von Sauen berichtet, die 140 bis 160 Kilogramm auf die Waage brachten. Wohlgemerkt, bei uns heißt das immer aufgebrochen! Im Ausland sieht das schon anders aus. Für die Berechnung der Abschussgebühren ist bei diesen Sauen nicht das Gewicht, sondern die Trophäengröße relevant, und so werden die Gewichte der Sauen oftmals nur geschätzt und erst später zur Vermarktung ermittelt, wenn der Gast schon wieder abgereist ist.
Keilerjagd in Osteuropa – oft nur Schätzungen
Diesem bleibt dann nur die Aussage des Jagdführers: „Große Keiler, 200 Kilo“, und das wird dann berichtet. Aufgebrochen wären das vielleicht auch „nur“ 150 Kilogramm gewesen. Sehr starke Bassen fallen oftmals auch in Ländern oder Gegenden, die eine Bergung aus verschiedenerlei Gründen unmöglich machen, und es bleiben nur der Eindruck einer sehr starken Sau und eine Schätzung. Selbstredend, dass diese dann in den Erzählungen mit der Zeit immer gewaltiger wird, und die allergrößten Keiler sind sowieso diejenigen, die man verpasst, gefehlt oder warum auch immer nicht bekommen hat.
Wo gibt’s die Starken?
Den ersten echten Bassen sah ich Mitte der Neunziger des vergangenen Jahrhunderts auf der Strecke eines Jagdgasts im Nordosten Bulgariens. Er lag aufgerichtet neben einem 12-Kilo-Hirsch und ließ diesen geradezu zierlich erscheinen. Der Rothirsch wog später ohne Haupt und Läufe 230 Kilogramm, der Keiler 245 Kilogramm (aufgebrochen!), hatte 24 Zentimeter Waffenlänge und wirkte wegen der Kompaktheit viel massiger. Es war ein reifer, sechs- bis achtjähriger Keiler und wohl die Spitze dessen, was möglich war. Keilerjagden in Bulgarien sind heute nach wie vor sehr aussichtsreich und zuverlässig organisiert.
Rumänische Uriane
Auch in Rumänien ziehen sehr starke Keiler ihre Fährten. Die höher gelegenen Karpatenreviere haben zwar keinen hohen Schwarzwildbestand, dafür aber können die Keiler schwer wie mittlere Bären wer- den und Gewichte bis 300 Kilogramm und Waffen bis 25 Zentimeter Länge erreichen. Nur diese Uriane können harten klimatischen Bedingungen trotzen und sich gegen das Raubwild behaupten. Sie werden gelegentlich bei der Pirsch, öfter aber bei den kombinierten Drückjagden auf Bär und Sau erbeutet.
Türkische Bassen
Ähnlich verhält es sich mit den Bassen in der Türkei. Die starken Keiler kommen vornehmlich in den bergigen Regionen vor, wo sie mehr Ruhe finden und alt werden können. Die türkischen Keiler werden zwar nicht so schwer wie ihre bulgarischen oder rumänischen Verwandten, aber ihre Gewaffe stehen denen in nichts nach. Und kaum ein anderes Land kann mit einer so hohen Erfolgsquote, ja beinahe Garantie auf Keiler in der Klasse zwischen 20 bis 25 Zentimeter aufwarten. Die besten Aussichten bestehen dabei auf den Pirschjagden an den Kirrungen, die fast das ganze Jahr gut angenommen werden.
Viele Möglichkeiten
Nicht unerwähnt in Sachen grober Keiler und damit auch der Keilerjagd in Osteuropa darf Weißrussland bleiben. In den ausgedehnten Revieren mit relativ wenig Jagddruck reifen auch sehr starke Bassen heran, die nicht selten an die 200-Kilo-Marke heranreichen. Auffallend sind hier besonders breite und damit im Vergleich hochpunktende Waffen. Es werden Ansitz- und Drückjagden organisiert, die besonders im Winter sehr reizvoll sind. In den letzten Jahren machten auch immer wieder Keiler aus Usbekistan und Tadschikistan von sich reden. Diese waren zunächst nur eine Zufallsbeute bei der Jagd auf andere Wildarten, können mittlerweile aber auch gezielt bejagt werden. Diese Jagden haben sicherlich einigen Expeditionscharakter, aber das Erlebnis, einen urigen, bis zu 200 Kilogramm schweren Bergkeiler in dieser atemberaubenden Landschaft zu strecken, ist unvergleichbar.
Wieso gibt es wo Starke?
Wie kommt es zu den hohen Wildbretgewichten der Keiler in bestimmten Regionen? Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass die Körpergröße bei Exemplaren einer Tierart mit großem Verbreitungsgebiet zu den beiden Polen hin ansteigt (Bergmannsche Regel). Tiere mit größeren Körpern können den Wärmeverlust besser begrenzen und sind somit in der Lage, in kälteren Regionen zu überleben. Noch deutlicher wird dies am Beispiel der Wildschafe: unser heimischer Muffelwidder in einer gemäßigten Klimazone wird etwa 35 Kilogramm schwer, der Marco Polo-Widder im Pamirgebirge mit bis zu minus 40 Grad Celsius bringt es auf bis zu 200 Kilogramm. Beim Schwarzwild ist es nicht ganz so deutlich, und es gibt immer wieder Ausnahmen, aber kältere Regionen bringen offenbar stärkere Sauen hervor. Wenn dann noch günstige Fraßbedingungen und wenig Jagddruck hinzukommen, die Keiler alt werden können, bringt ein Schwarzwildbestand diese Riesenbassen hervor.
Welche Kaliber für Starke?
Schwarzwild ist bekanntlich schusshart, und wenn es sich dann noch um Sauen jenseits der 150-Kilo-Grenze handelt, sollte man auch waffentechnisch darauf eingestellt sein. Reicht hierzulande für die Saujagd auch auf stärkere Stücke die gute, alte .30-06, sollte man im Ausland auf die stärkeren Bassen doch Kaliber mit mehr Reserven wählen. Hinzu kommt, dass man oftmals auch in schwierigeren Situationen und auf weitere Entfernungen schießen muss, dass das Nachsuchenwesen im Ausland häufig nicht so ausgeprägt ist wie bei uns und eine Nachsuche im unübersichtlichen, vielleicht bergigen Gelände oder im Dunkeln unbedingt vermieden werden sollte. Kaliber wie die .338 oder 8x68 sind eine geeignete Wahl, türkische Reviere halten auch eine .375 bei der Keilerjagd für angemessen. Lichtstarke Zielfernrohre und bei der Bergjagd hohe Vergrößerungen sind die richtige Wahl.
Starke Schlussworte
Wohin man sich nun genau für Keilerjagd in Osteuropa orientiert, ist auch abhängig von der Präferenz für ein Land oder der Bereitschaft, sich auf ein Abenteuer mit unsicherem Ausgang einzulassen. Deutlich besser als die Chance auf einen groben Bassen daheim sind die Möglichkeiten in den genannten Ländern. So sicher, wie es manchmal den Anschein zu haben scheint, ist die Erlegung eines 200- bis 250-Kilo-Urians zwar nicht, aber wenn Diana einem zulächelt, ist dies nicht nur für den passionierten Schwarzwildjäger ein echtes Highlight im Jägerleben.