Die spannende Jagd auf Streifegnu in Südafrika wird oft als die Büffeljagd des armen Mannes bezeichnet. HuntInMotion konnte sich einwandfrei von dessen Gegenteil überzeugen.
Glücksmomente
„Der Büffel des armen Mannes" wird das Streifengnu manchmal etwas spöttisch genannt, aber das wird diesem afrikanischen Wild in keinster Weise gerecht. Ja, es ist in seiner physischen Erscheinung deutlich weniger präsent als ein Büffel, man braucht zur Jagd auf das Gnu nicht die "dicke Pille" und auch ist der Büffel ungleich gefährlicher - dennoch, die Pirsch auf das Streifengnu bietet eine der spannendsten Jagden überhaupt. Und ich betone, es ist die Pirsch auf diese Wildart, die echtes Jagen, große Anstrengungen und Entbehrungen, aber genauso Glücksmomente verspricht, nicht der Ansitz am Wasserloch oder gar die bewaffnete Fahrt über die Farm bei der Jagd auf Streifengnu in Südafrika.
Einen wirklich alten Bullen
Gnu steht ganz oben auf meiner Wunschliste, als ich mit meinem Jagdkumpel und Geschäftspartner Boris den Airbus A380 der Lufthansa betrete. Einmal einen wirklich alten Bullen zu Fuß durch den Dickbusch Afrikas zu erpirschen, auf Sicht und Gehör mich an seine Fersen heften - das ist ein Traum, den ich mir auf dieser Jagdreise erfüllen möchte. Ursprünglich, entbehrungsreich, anstrengend und herausfordernd. Ich möchte komplett auf das Auto verzichten, dies nicht einmal zum Fährtensuchen heranziehen. Ich möchte zu Fuß mein Glück versuchen, von der ersten Sekunde der Jagd bis zur letzten.
Die braune Hyäne
In Johannesburg angekommen werden wir bereits von unseren Jagdführern und Berufsjägern Gerhard und Philipp erwartet. Bedingt durch den Streik des Sicherheitspersonals am Frankfurter Flughafen sind aber ärgerlicher Weise unsere Waffen nicht mit an Bord unserer Maschine. Boris führt sowohl in Europa als auch in Afrika eine Steyr-Mannlicher Pro Hunter in 9,3x64, ich selbst führe die gleiche Waffe im Kaliber 8x68S. Alles Warten hat aber heute keinen Sinn, beide Waffen werden (hoffentlich) morgen mit der nächsten Maschine ankommen, so dass wir die 150 km lange Fahrt zur Farm in Angriff nehmen, um dann hoffentlich morgen zurückkommen und hier am Flughafen unsere Waffen in Empfang nehmen und einführen zu können. Die Stimmung ist hoffnungsvoll gespannt, denn auch Boris hat sich ein großes Ziel für diese Jagd gesetzt - er möchte auf einen der heimlichsten und urigsten Bewohner des Schwarzen Kontinentes waidwerken: die braune Hyäne.
Jagd auf Streifengnu in Südafrika - Abwechslung im Speiseplan
Nach einem verspäteten Mittagessen auf der Farm und in Ermangelung unserer Waffen kümmern Boris und ich uns an diesem Nachmittag um ein wenig Abwechslung auf dem Speiseplan der kommenden Woche - mit den farmeigenen Flinten geht es hinaus, um Flugwild zu jagen, in erster Linie Perlhühner, Frankoline und Tauben, und als die Sonne als roter, großer Ball am Horizont verschwindet, haben wir eine durchaus ansehnliche Strecke gemacht.
Waffeneinfuhr und Rückfahrt
Am nächsten Morgen dann die gute Nachricht: Unsere Waffen sind in Johannesburg angekommen und können am Zoll abgeholt werden. Das Procedere von Anfahrt, Waffeneinfuhr und Rückfahrt dauert allerdings etwas länger als geplant und als wir am späten Nachmittag wieder mit unserem PickUp durch das Eingangstor der Farm rollen, ist es zum Pirschen an diesem Tag bereits zu spät. Was soll’s, bei einem Sundowner und unendlich vielen spannenden Jagdgeschichten am Lagerfeuer beschließen wir den Tag. Als ich am nächsten Morgen früh um 5:30 Uhr aus meinem Zimmer trete, begrüßt mich eine angenehm kühle, frische leichte Brise. Die Sonne versteckt sich noch im Osten hinter einer Bergkette, als ich meinen Rucksack mit Proviant und Trinkflaschen bestücke, nochmal meine Steyr kontrolliere und genug Munition einpacke – ich bin bereit und es kann losgehen. Mein Berufsjäger Gerhard weiß von meiner Idee, unter keinen Umständen auf ein Auto zu steigen und so prüfen wir den Wind, der leicht aus Südwest weht, und setzen uns in eben diese Richtung in Bewegung.
Gnuherde voraus
Es ist ein faszinierendes Schauspiel, über dem südafrikanischen Dickbusch die Sonne aufgehen zu sehen, deren Strahlen die Landschaft in ein fast mystisches rötlich-gelbes Licht tauchen. Mehr als einmal bleiben wir stehen, um einfach den Ausblick zu genießen. Den Wind von vorn, die Sonne im Rücken setzen wir unseren Weg schweigend eine kleine Anhöhe hinauf fort, von wo wir einen atemberaubenden Blick über die weite Ebene haben. Überwältigt von der Landschaft, die sich wie gemalt vor mir ausbreitet, stehe ich da, während Gerhard das Terrain vor uns abglast und mich vorsichtig anstupst: „Gnuherde und Zebras auf 1 Uhr“, flüstert er mir zu und als ich zu meinem Minox-Pirschglas greife, kann ich gerade noch eine schwarz-weiß gestreifte Flanke erkennen, dann sind alle Tiere im Dickbusch verschwunden.
Langsames Pirschen
Gnus und Zebras gehen recht häufig in größeren Herden zusammen, was eine Bejagung noch schwieriger macht, sind doch Zebras normalerweise aufmerksamer als Gnus und würden, sollten sie eine Unachtsamkeit des Jägers wahrnehmen, die komplette Gnuherde mit in die Flucht reißen. „War ein alter Bulle mit dabei?“ frage ich Gerhard. Der ist sich nach den wenigen Sekunden des Anblicks nicht sicher, meint aber ein körperlich starkes Exemplar ausgemacht zu haben! „Das könnte ein alter, starker Bulle gewesen sein!“ Der Wind steht perfekt, die Herde war etwa 1 ½ Kilometer entfernt und wir entschließen uns, sie anzupirschen. Vorsichtig, langsam und lautlos versuchen wir die Stelle zu erreichen, an der wir die gemischte Herde erblickt haben. Eine halbe Stunde später sind wir da, stehen vor einem Gewirr aus Zebra- und Gnu-Hufabdrücken und während ich noch versuche, die einzelnen Spuren auseinander zu dividieren, deutet Gerhard auf einen Abdruck und ist sich sicher: der gehört zu einem starken Bullen.
Jagd auf Streifengnu in Südafrika – erwachender Jagdtrieb
Ich merke, wie sich Kribbeln in mir regt, wie der Jagdtrieb erwacht. Mein Herz schlägt schneller, das Ziel ist ausgemacht, die echte Jagd beginnt. Die Herde hat über 30 Minuten Vorsprung, aber sie zog – wenigstens was wir sehen konnten und was die Spuren verraten – nicht übermäßig schnell von uns weg. Wir haben also eine reelle Chance sie einzuholen. Die Sonne steht jetzt höher am Himmel und gibt mir durch ein leichtes, erstes Brennen im Nacken einen kleinen Vorgeschmack darauf, was ich noch zu erwarten habe. Wir pirschen los, noch vorsichtiger als bisher, die Fährte des alten Bullen lässt sich selbst für mein ungeübtes Auge inmitten der anderen Spuren gut halten. Immer wieder stoßen wir auf Losung, die mit jedem Mal wärmer wird – ein sicheres Zeichen dass wir aufholen. Aber noch ist – da wir schon über 4 km gepirscht sind und die Sonne mit jeder Minute erbarmungsloser vom Himmel brennt – von der Herde nichts zu sehen, zu hören oder zu riechen.
Kurze Trinkpause
Ist sie doch schneller weitergezogen, als wir glauben? Sind wir vielleicht zu langsam? Wir müssen eine kurze Trinkpause einlegen, bevor es weitergeht. Weitere 30 Minuten – die mir in der sengenden Hitze wie Stunden vorkommen - gehen wir den Fährten nach und plötzlich vernehmen wir von schräg vorn das charakteristische rülpsende Grunzen eines Gnus. Sofort bin ich wieder hellwach, vergesse die brennende Sonne und auch die brennenden Kratzer, die ich mir hier an den Dornen der Vegetation zugezogen habe. Wir starren in die Richtung, aus der das Geräusch kam, versuchen zwischen den Büschen und Sträuchern eine Bewegung auszumachen, aber zu dicht ist hier der Bewuchs. Wir müssen weiter, näher ran. Häufiger hören wir jetzt Grunzlaute und ab und zu sogar das Brechen von kleinen Zweigen – kein Zweifel, wir sind dran an der Herde, wir haben sie eingeholt. Ich erstarre in meiner Spur, als zum ersten Mal die Flanke eines Zebras sichtbar wird. Je länger wir in das Gewirr aus Blättern und Ästen starren, umso mehr Wildkörper zeichnen sich schemenhaft ab. Wo ist der Bulle? Ist er noch bei der Herde?
Ein massiges Gehörn
Zentimeter für Zentimeter arbeiten wir uns näher an die Herde heran bei der Jagd auf Streifengnu in Südafrika, versuchen in eine Position zu kommen, in der wir den Bullen ausmachen und dann hoffentlich auch erlegen können. Endlich sind wir an einer kleinen Schneise angelangt, haben jetzt guten Blick auf einige Gnus, ohne selbst eräugt zu werden. Der Bulle ist nicht dabei. Minuten lang verharren wir in unserer Position, hoffen, dass die Herde ein klein wenig weiter zieht, um einen Blick auf die anderen Tiere der Gruppe zu erhaschen. Etwa 7 km sind wir bis hierhin gelaufen und die Spannung ist unerträglich. Ich bin nass geschwitzt, ausgelaugt … ! Gerhard dreht sich extrem langsam zu mir um, macht fast unsichtbare Zeichen, deutet nach links auf einen Busch etwas neben der Schneise. Ich nehme mein Fernglas und erstarre: neben dem Busch ragt ein weit ausladendes, massiges Gehörn heraus, kein Zweifel, dass das unser gesuchter Bulle ist. Der Wildkörper ist noch vollständig von Ästen verdeckt. Ein klein wenig nach vorn ziehen müsste er noch, nur etwa einen Meter auf die Schneise hinaus! Wird er mir den Gefallen tun?
Kämpferisches Leben
Fast bewegungslos baut mir Gerhard den Zielstock auf und fast genauso langsam und vorsichtig versuche ich mein Gewehr aufzulegen und mich in Schussposition zu bringen. Durch mein Minox-Zielfernrohr erkenne ich das massige Gehörn des alten Recken, erkenne die Furchen und Absplitterungen, die auf ein langes, kämpferisches Leben schließen lassen. Aber er bewegt sich nicht! Keine 40 Meter von mir entfernt steht er dort hinter seinem Busch. Ich bin im Anschlag, die Sonne brennt, mein Arm wird schwer, Schweiß läuft mir in die Augen. Und dann endlich zieht der Bulle vor, macht ein paar Schritte auf die Schneise hinaus. Gerhard braucht nur einen Sekundenbruchteil, um sich sicher zu sein und mir ein leises „yes“ zuzuflüstern. Mein Puls rast vor Anstrengung und Aufregung, mein Absehen hüpft auf dem Wildkörper auf und ab.
Völlige Erschöpfung
Ich atme tief ein und wieder aus, ganz plötzlich stellt sich eine innere Ruhe ein, eine Fokussierung auf die Beute, mein Fadenkreuz saugt sich am Blatt fest, ich schieße. Mit dem Knall sprengt die Herde auseinander und als sich der sprichwörtliche Staub wieder gelegt hat, sehe ich den alten Bullen, der dort fiel, wo ihn das Norma-Swift-A-Frame-180-Grain-Geschoss meiner 8x68S traf. Längst habe ich durchrepetiert und behalte mein Ziel im Auge, aber nichts rührt sich mehr. Völlig erschöpft unterlade ich die Waffe und sinke bei der Jagd auf Streifengnu in Südafrika im Schatten zu Boden. Gerhard, der von der Pirsch und besonders den Temperaturen ebenfalls sichtlich gezeichnet ist, reicht mir eine Flasche Wasser und setzt sich neben mich. Wir sprechen kein Wort, starren schweigend auf den großen schwarzen Punkt da, 40 Meter vor uns, aber die Erleichterung ist uns beiden anzumerken. Nach einiger Zeit raffe ich mich auf, wanke zu meinem alten Bullen. Fasziniert greife ich nach den Hörnern, fahre mit den Fingern über jede Unebenheit, jeden Riss und jede Schramme, die eine eigene Geschichte zu erzählen hat. Stolz und schwermütig hocke ich mich neben den gefallenen Recken. Ich bin am Ziel.