Schroffe Felsen, weite Matten und Gletscher prägen die Landschaft und damit auch die Jagd auf Dallschafe in Alaska. JÄGER-Autor Carl Gremse begleitet einen legendären Outfitter in die Berge am Sheep River. Hier sein spannender Bericht aus dem JÄGER 06/2011.
Willen und Toleranz
Um drei Uhr früh einen fremden Mann in sein Hotelzimmer einzulassen, ist eines. Wenige Tage später mit diesem im August vom Schneesturm überrascht zu werden und zwei Tage in einem winzigen Zelt zu verbringen, etwas ganz anderes. Auf der Jagd passieren die verrücktesten Dinge. „Das ist Afrika“, werden solche Geschehnisse auf dem Schwarzen Kontinent mit einem Schulterzucken abgetan. Dies gilt genauso für die Jagd auf Dallschafe in Alaska. Dort zu jagen, braucht Willen – und vor allem Toleranz. Solche Jagden schweißen zusammen, und erbeutete Trophäen sind hart erarbeitet. Charlie ist ein 63-jähriger Bauunternehmer aus Massachusetts. Er hat in Alaska bereits einen Braunbären erlegt und jagt nun zum zweiten Mal auf einen Dallwidder. Ich begleite ihn und seinen Jagdführer (Guide) auf der Reise. Am nächsten Morgen holt uns die Frau des Outfitters in Anchorage ab und fährt mit uns nach Palmer, im Matanuska-Suisitna Valley, nördlich von Anchorage. An diesem Ausgangspunkt unserer Reise erwerben wir beim Palmer „Fish and Game Office“ die Tags (Wildmarken) und Jagdlizenzen.
Der Buschmann zur Jagd auf Dallschafe in Alaska
Danach ein kurzer Stop im „Sportsman Warehouse“, um die Ausrüstung zu vervollständigen. Von Palmer aus sollen wir von Ben, dem Buschpiloten und Outfitter, in das Jagdgebiet geflogen werden. Ben ist 35 Jahre alt und ein Kind der Wildnis. Als Sohn des legendären Ed Stevenson, der seit 50 Jahren in der alaskanischen Wildnis lebt und dort Jäger führt, wuchs Ben fern von menschlichen Siedlungen auf. Seine Schulabschlüsse erlange er durch „home- schooling“ von seinen Eltern. Das Fliegen und alles über die „Cubs“ brachte ihm sein älterer Bruder Bill bei. Mittlerweile ist Ben seit über zehn Jahren selbstständig, als Guide/Outfitter und Pilot zertifiziert. Charlie hat das Glück, von Ben höchstpersönlich und nicht einem seiner Guides geführt zu werden.
Umschlagendes Wetter
Unsere Reise in das Gebiet zur Jagd auf Dallschafe in Alaska verzögert sich zunächst – das Wetter schlägt um. Winde verhindern ein sicheres Landen in den Bergen. Das Wetter in Alaska ist launenhaft. Der Transfer ins Jagdgebiet erfolgt mit zweisitzigen Buschflugzeugen (Piper Cub). Im Jagdgebiet gibt es keine Landebahnen, keine Wetterstationen oder Windanzeiger. Daher sollte man, um volle zehn Tage jagen zu können, 16 bis 18 Tage einplanen, um etwas Puffer für das Ein- und Ausfliegen zu haben. Wir haben jedoch Glück und können schon am nächsten Tag starten.
Fliegen und jagen
Ben und sein Bruder Bill kommen beide mit ihren Maschinen, so dass wir in einem Trip draußen sind. Der Flug dauert 45 Minuten und ist schon für sich ein Erlebnis. Zwischen uns und der unendlichen, kargen Felslandschaft ist nur der mit Plane bespannte Gitterrohrrahmen des Leichtflugzeugs. Es wirkt eher wie ein Spielzeug und scheint, den Winden wie ein Blatt ausgeliefert zu sein, doch Ben nutzt die Luftströmungen geschickt aus und bringt es mit großer Selbstverständlichkeit zwischen den Felsen auf den Boden. Bill fliegt zurück. In mitten der Talkeetna Mountain Range kann Ben sein Flugzeug getrost stehen lassen. Das klaut hier keiner. Gegen Bären wird es allerdings mit Elektrozaun gesichert. Ben ist in der passenden Gegend zur Jagd auf Dallschafe in Alaska aufgewachsen. Sein Vater Ed lebt seit 50 Jahren den Großteil des Jahres am Sheep River. Wir jagen nun in den Hängen über diesem die Schafe, die ihm den Namen gaben. Schnell sind die Zelte aufgebaut. Jagen dürfen wir jetzt noch nicht. Das Gesetz untersagt es, am selben Tag zu fliegen und zu jagen.
Notwendige Einschränkungen
Schafe zu jagen, heißt sich einzuschränken. Alles, was wir für die nächsten zehn Tage brauchen, führen wir in unseren Rucksäcken mit. Die Zelte sind zwei leichte Zwei-Mann-Konstruktionen. Das Essen heißt „Mountain House“ – gefriergetrocknete Mahlzeiten, die mit heißem Wasser übergossen, dann aus dem Beutel genossen werden und tatsächlich sättigen.
Gefragte Geduld bei der Jagd auf Dallschafe in Alaska
Schnell stellt sich Routine ein. Wir verlassen morgens mit leichtem Gepäck das Camp und erklimmen eine geeignete Höhe. Viel Zeit verbringt man dann mit Glasen. Ein Fernglas bester Qualität ist neben einer absolut zuverlässigen Büchse und gut eingelaufenen Bergstiefeln das wichtigste Ausrüstungsstück. Wer zum Schafjagen an diesen Dingen sowie Schießstandtraining spart, wird es schwer haben, den Bergen einen reifen Widder abzuringen. Charlie ist trotz seiner 63 Jahre gut vorbereitet. Oben auf der „Ridge“ glasen wir also beharrlich. Die Schafe nutzen gern Terrassen in den Hängen zum Wiederkäuen. Meist entdeckt man sie auf der Sonnenseite in kleinen Gruppen, etwas umherziehend, äsend oder ruhend. Dabei ist Geduld gefragt. Einmal nur über die Kuppe den nächsten Hang abgeleuchtet, entgeht einem vielleicht der Monarch, der sich just auf der abgewandten Seite sonnt.
Der Wettersturz
Wir sind aufgestiegen, um nach einem reifen Widder zu suchen, den Ben hier bestätigt hat. Reif und damit legal auf der Jagd auf Dallschafe in Alaska sind Widder, die acht oder mehr Jahre alt sind – unabhängig vom Kreisbogen der Schläuche. Oder Widder, deren Schläuche einen vollen Kreisbogen (Full Curl) schlagen. Wir haben vorsichtshalber den Großteil unserer Ausrüstung dabei, was sich als äußerst weise herausstellen sollte. Auf dem Kamm finden wir die Fährte des Widders im Gletschersand. Dann überrascht uns der Berg Mitte August mit eisigem Wind und Regen. Die Felsen sind schnell eisüberzogen, so dass wir die Jagd abbrechen müssen. Wir finden eine flache Stelle und bauen das Zelt auf. Als es zu schneien beginnt, verstecken wir uns für zwei volle Tage vor dem Blizzard!
Überwältigende Freude
Erst dann gelingt uns der Abstieg. Die Exkursion hatte ihr Gutes – es ist nun klar, dass der Widder ins Tal gezogen ist, um dem Wettersturz zu entgehen. Einen vollen Tag marschieren wir dem Dallschaf hinterher. Abends campieren wir im Tal. Mit Beginn des zwölften Reisetages entdecken wir 400 Meter über unserem Camp tatsächlich den Widder – niedergetan in der Morgensonne. Drei zähe Stunden pirschen und klettern wir uns heran. Endlich sind wir in Position – der Widder ist gut 200 Meter entfernt. Näher kommen wir nicht ran. Charlie sucht eine Schussposition, rutscht aber immer wieder mit den Füßen ab. Ich stelle mich unter ihn, um die „Räuberleiter“ zu machen. Das funktioniert – die .300 Win. Mag. ertönt. Sofort flitzt Charlie auf die Kuppe, kauert sich in den Schneidersitz und schießt weiter auf den sich entfernenden Widder. Der dritte Schuss lässt ihn verenden. Eine weitere Stunde später stehen wir am Erlegten. Die Freude ist überwältigend – ein alter, reifer Dallwidder, erbeutet unter großen Strapazen und mit größter Geduld auf der Jagd auf Dallschafe in Alaska.