Auslandsjagd in Südafrika

Einmal im Jahr zur Jagd nach Südafrika - ein Traum für viele Waidgesellen.

Eine Auslandsjagd in Südafrika weckt bei vielen Jägern einen Urinstinkt, der fest mit dem fernen Kontinent verbunden ist. HuntInMotion kehrt genau aus diesem Grund einmal im Jahr zurück, um auf zahlreiches Wild zu jagen. Begleiten Sie ein passioniertes, südafrikanisches Jagdabenteuer.

Ein festes Ritual

Für Boris und mich ist die Auslandsjagd in Südafrika schon ein festes Ritual geworden. Seit uns vor vielen Jahren das Afrika-Fieber gepackt hat, zwingt uns dieses Virus mindestens einmal im Jahr, zur Jagd nach Afrika zurückzukehren. Wir haben diesmal die Farm des Berufsjägers und Outfitters Phillip Steyn gewählt, der uns bereits auf vorangegangenen Jagden als Berufsjäger begleitet hat und den wir auch schon als Gast in Deutschland in unserem heimischen Revier haben begrüßen dürfen. Erst kürzlich hat er sich seinen großen Traum verwirklicht und eine eigene Farm gekauft: Mungu Zawadi. Luxus gibt es hier nicht, die Unterkünfte sind einfach, aber geschmackvoll, Zelthütten. Genau das, was wir wollen, denn wir sind ja schließlich auf einer Jagd- und nicht auf einer Beauty-Farm. Schon seit langem haben wir der Reise entgegengefiebert  und nun endlich ist es soweit, der Tag ist da, Südafrika, wir kommen.

„Melden Sie Korruption“

So richtig wissen wir noch gar nicht, was wir auf der Auslandsjagd in Südafrika jagen wollen, denn meist ergibt sich eine gute Gelegenheit auf eine reife Trophäe spontan während der Jagd, aber eins steht fest: Ich möchte unbedingt mein Glück auf einen richtig starken Impala-Bock versuchen und Boris ist schon aufgeregt, zieht doch ein sehr alter, riesiger und dazu noch sehr dunkel gefärbter Giraffenbulle seine Bahnen auf der Farm. Bei der Ankunft in Johannesburg dann gleich das obligatorische Palaver. So richtig glatt geht es in Afrika bei der Genehmigung der temporären Einfuhr der Waffen eigentlich nie. Diesmal fehlen angeblich irgendwelche Zollausfuhrpapiere aus Deutschland (die wir nicht vorlegen können, weil es die gar nicht gibt) für die Waffen, alles Diskutieren nützt nichts, aber nachdem einige Geldscheine den Besitzer gewechselt haben, können wir unsere Waffen in Empfang nehmen und sitzen wenig später in Phillips Pick-Up auf dem Weg zu seiner Jagdfarm Mungu Zawadi. Mein letzter Blick im Flughafengebäude fällt noch ironischer Weise auf das Schild „Melden Sie Korruption“ und ich muss grinsen.

12.000 ha Jagdgebiet

Boris hat seine Mauser M89 im Kaliber .416 Rigby dabei, ich selber führe eine Mauser M03 in 8x68S, habe aber für alle Fälle den Wechsellauf in .404 Jeffery mit eingepackt – man weiß ja nie. Da wir den Nachtflug genommen haben und früh morgens in Johannesburg gelandet sind, haben wir noch viel Zeit an diesem ersten Tag, den wir nutzen, um unsere Waffen einzuschießen und eine Rundfahrt über das 12.000 ha große Jagdgebiet zu machen. Es ist, als wären wir nie weg gewesen und unsere Augen gewöhnen sich schnell wieder an den Busch und das darin so hervorragend getarnte Wild. Mehrfach bekommen wir starke Impala, Oryx und Warzenschweine zu Gesicht und dann ganz plötzlich steht er da: wie hingezaubert und trotz seiner Größe unglaublich gut mit der Landschaft verschmelzend, steht hinter einer Biegung der Giraffenbulle. Noch größer und dunkler als wir ihn uns vorgestellt haben, blickt er, nur ca. 30 Meter neben dem Sandweg stehend, majestätisch auf uns herab. Welch ein Anblick!

© HuntInMotion

Auslandsjagd in Südafrika – Ehrfurcht und Jagdtrieb

Im Augenwinkel sehe ich Boris unruhig werden, eine Mischung aus Ehrfurcht und Jagdtrieb ist es, die in uns allen erwacht. Aber nein, nicht am ersten Tag und schon gar nicht vom Auto aus. Später im Camp erklärt Phillip uns, dass dieser Bulle einen siebten Sinn hat – er wisse, ob er bejagt wird oder nicht. Schon etliche Jäger hätten nach einer so dichten Begegnung geglaubt, die Bejagung wäre einfach, hätten aber einige Tage und etliche Kilometer zu Fuß bei brütender Hitze später entnervt aufgegeben. „Wenn du eine Waffe in der Hand hast, kommst du nicht so dicht an ihn ran, der spürt, wann es ernst wird“! Wie recht Phillip behalten sollte.

Verflixte Stachelschweine

Während wir noch gemütlich mit einem Sundowner, einer Zigarre und vielen Jagdgeschichten um das Lagerfeuer sitzen auf der Auslandsjagd in Südafrika, tönt plötzlich ein Scheppern und Schnaufen aus dem Küchenzelt zu uns herüber. Phillip ist sofort aufgesprungen, denn er kennt den nächtlichen Besucher, der ihn schon so einiges an Vorräten und Proviant gekostet hat. "This f...ing porcupine" (dieses verflixte Stachelschwein) entfährt es ihm. Auch Boris, der als einziger seine Waffe noch griffbereit hat, ist aufgesprungen: "Soll ich schießen?" fragt er? "Auf jeden Fall", erwidert Phillip und so schleicht Boris sich mit seiner Mauser in Richtung Küchenzelt, die letzten Meter auf dem Bauch robbend. Das Stachelschwein hat inzwischen einen Kürbis entdeckt, diesen unter das Sofa gezogen und ist grade dabei, sich über ihn her zu machen, als der Schuss bricht. Die Stoff-Rückwand des Küchenzeltes ziert seitdem ein kleines 11 mm dickes Loch, der nächtliche Besucher aber wird keine Lebensmittel mehr stehlen.

© HuntInMotion

Beginn der Jagd

Am nächsten Tag beginnt schließlich die echte Jagd. Wir beschließen, dass ich es zuerst auf Impala versuchen soll. Als ich am frühen Morgen um 5:30 Uhr aus meinem Zelt trete, begrüßt mich eine angenehm kühle, frische leichte Brise. Die Sonne versteckt sich noch im Osten hinter einer Bergkette, als ich meinen Rucksack mit Proviant und Trinkflaschen bestücke, nochmal meine Mauser kontrolliere und genug Munition einpacke – ich bin bereit und es kann losgehen. Phillip und Boris wissen von meiner Idee, bei dieser Impalajagd unter keinen Umständen auf ein Auto zu steigen, sondern einen wirklich alten, starken Impala zu Fuß durch den Dickbusch Afrikas zu erpirschen, auf Sicht und Gehör mich an seine Fersen heften - ursprünglich, entbehrungsreich, anstrengend und herausfordernd. So prüfen wir den Wind, der leicht aus Südwest weht, und setzen uns in eben diese Richtung in Bewegung.

Auslandsjagd in Südafrika – faszinierende Sonnenaufgänge

Es ist ein faszinierendes Schauspiel, über dem südafrikanischen Dickbusch die Sonne aufgehen zu sehen, deren Strahlen die Landschaft in ein fast mystisches rötlich-gelbes Licht tauchen. Mehr als einmal bleiben wir stehen, um einfach den Ausblick zu genießen. Den Wind von vorn, die Sonne im Rücken setzen wir unseren Weg schweigend eine kleine Anhöhe hinauf fort, von wo wir einen atemberaubenden Blick über die weite Ebene haben. Überwältigt von der Landschaft, die sich wie gemalt vor mir ausbreitet, stehen Boris und ich da, während Phillip das Terrain vor uns abglast und mich vorsichtig anstupst: „Impalas auf 1 Uhr“, flüstert er mir zu und als ich zu meinem Minox-Pirschglas greife, kann ich gerade noch einige braune Flanken und in der Sonne glitzernde Hörner erkennen, dann sind alle Tiere im Dickbusch verschwunden.

© HuntInMotion

Starke Böcke

 „War ein guter Bock mit dabei?“ frage ich Phillip. Der ist sich selbst nach den wenigen Sekunden des Anblicks recht sicher, einen wirklich guten Bock ausgemacht zu haben! „Den schätze ich auf eine Goldmedaille!“ Der Wind steht perfekt, die Herde war etwa 1 ½ Kilometer entfernt und wir entschließen uns, sie anzupirschen. Vorsichtig, langsam und lautlos versuchen wir die Stelle zu erreichen, an der wir die Herde erblickt haben. Eine halbe Stunde später sind wir da, stehen vor einem Gewirr aus Hufabdrücken und während ich noch versuche, die einzelnen Spuren auseinander zu dividieren, deutet Phillip auf einen Abdruck und ist sich sicher: der gehört zu dem starken Bock, den er von unserem Aussichtspunkt aus hat erkennen können. Ich merke, wie sich Kribbeln in mir regt, wie der Jagdtrieb erwacht. Mein Herz schlägt schneller, das Ziel ist ausgemacht, die echte Jagd beginnt. Die Herde hat über 30 Minuten Vorsprung, aber sie zog – wenigstens was wir sehen konnten und was die Spuren verraten – nicht übermäßig schnell von uns weg. Wir haben also eine reelle Chance sie einzuholen.

Eine kurze Trinkpause

Die Sonne steht jetzt höher am Himmel und gibt mir durch ein leichtes, erstes Brennen im Nacken einen kleinen Vorgeschmack darauf, was ich auf der Auslandsjagd in Südafrika noch zu erwarten habe. Wir pirschen los, noch vorsichtiger als bisher, die Fährte des kapitalen Bocks lässt sich selbst für mein ungeübtes Auge inmitten der anderen Spuren gut halten. Immer wieder stoßen wir auf Losung, die mit jedem Mal wärmer wird – ein sicheres Zeichen dass wir aufholen. Aber noch ist – da wir schon über 4 km gepirscht sind und die Sonne mit jeder Minute erbarmungsloser vom Himmel brennt – von der Herde nichts zu sehen, zu hören oder zu riechen. Ist sie doch schneller weitergezogen, als wir glauben? Sind wir vielleicht zu langsam? Oder haben sie gar unsere Anwesenheit bemerkt und sind abgesprungen? Wir müssen eine kurze Trinkpause einlegen, bevor es weitergeht. Weitere 30 Minuten – die mir in der sengenden Hitze wie Stunden vorkommen - gehen wir den Fährten nach und plötzlich vernehmen wir von schräg vorn diese charakteristischen, eigenartigen schreiend-rülpsenden Laute eines Impala.

© HuntInMotion

Zentimeter für Zentimeter

Sofort bin ich wieder hellwach, vergesse die brennende Sonne und auch die brennenden Kratzer, die ich mir hier an den Dornen der Vegetation zugezogen habe. Wir starren in die Richtung, aus der das Geräusch kam, versuchen zwischen den Büschen und Sträuchern eine Bewegung auszumachen, aber zu dicht ist hier der Bewuchs. Wir müssen weiter, näher ran. Ich erstarre in meiner Spur, als zum ersten Mal die Flanke eines Impala sichtbar wird, ein junger Bock ist es. Je länger wir in das Gewirr aus Blättern und Ästen starren, umso mehr Wildkörper zeichnen sich schemenhaft ab. Wo ist "mein" Bock? Ist er noch bei der Herde? Zentimeter für Zentimeter arbeiten wir uns näher an die Herde heran, versuchen in eine Position zu kommen, in der wir den Kapitalen ausmachen und dann hoffentlich auch erlegen können.

Auslandsjagd in Südafrika - Der Gesuchte

Endlich sind wir an einer kleinen Schneise angelangt, haben jetzt guten Blick auf einige Impala, ohne selbst eräugt zu werden. Der Gesuchte ist nicht dabei. Minuten lang verharren wir in unserer Position, hoffen, dass die Herde ein klein wenig weiter zieht, um einen Blick auf die anderen Tiere der Gruppe zu erhaschen. Etwa 7 km sind wir bis hierhin gelaufen und die Spannung ist unerträglich. Ich bin nass geschwitzt, ausgelaugt … ! Phillip dreht sich extrem langsam zu mir um, macht fast unsichtbare Zeichen, deutet nach links auf einen Busch etwas neben der Schneise. Ich nehme mein Fernglas und erstarre: neben dem Busch ragt ein weit ausladendes, bis in die Spitzen, die sich sogar wieder leicht nach außen drehen, massiges Gehörn heraus, kein Zweifel, dass das unser gesuchter Bock ist. Der Wildkörper ist noch vollständig von Ästen verdeckt. Ein klein wenig nach vorn ziehen müsste er noch, nur etwa einen Meter auf die Schneise hinaus! Wird er mir den Gefallen tun? Fast bewegungslos baut mir Phillip den Zielstock auf und fast genauso langsam und vorsichtig versuche ich mein Gewehr aufzulegen und mich in Schussposition zu bringen.

© HuntInMotion

Ein massiges Gehörn

Durch mein Minox-Zielfernrohr erkenne ich das massige Gehörn des alten Recken, erkenne die die Ringe und Wölbungen dieser wunderschön geschwungenen Hörner. Aber er bewegt sich nicht! Keine 70 Meter von mir entfernt steht er dort hinter seinem Busch. Ich bin im Anschlag, die Sonne brennt, mein Arm wird schwer, Schweiß läuft mir in die Augen. Und dann endlich zieht der Bock vor, macht ein paar Schritte auf die Schneise hinaus. Phillip braucht nur einen Sekundenbruchteil, um sich sicher zu sein und mir ein leises „yes“ zuzuflüstern. Mein Puls rast vor Anstrengung und Aufregung, mein Absehen hüpft auf dem Wildkörper auf und ab. Ich atme tief ein und wieder aus, ganz plötzlich stellt sich eine innere Ruhe ein, eine Fokussiertheit auf die Beute, mein Fadenkreuz saugt sich am Blatt fest, ich schieße. Mit dem Knall sprengt die Herde auseinander und als sich der sprichwörtliche Staub wieder gelegt hat, sehe ich den alten Bock, der dort fiel, wo ihn das Norma-Swift-A-Frame-180-Grain-Geschoss meiner 8x68S traf.

© HuntInMotion

Eine gute Goldmedaille

Längst habe ich durchrepetiert und behalte mein Ziel im Auge, aber nichts rührt sich mehr. Völlig erschöpft unterlade ich die Waffe und sinke im Schatten zu Boden. Phillip, der von der Pirsch und besonders den Temperaturen ebenfalls erschöpft ist, reicht mir eine Flasche Wasser und setzt sich neben mich. Auch Boris, der die letzten 100 Meter etwas zurückgeblieben war, gesellt sich zu uns. Wir sprechen kein Wort, starren schweigend auf den braunen Punkt da, 70 Meter vor uns, aber die Erleichterung ist uns dreien anzumerken. Boris bricht als erster das Schweigen und wünscht mir von ganzem Herzen Weidmannsheil und überreicht mir einen, hier in Afrika sehr dornigen, Erlegerbruch. Gemeinsam gehen wir zu dem Bock, fasziniert greife ich nach den Hörnern, fahre mit den Fingern über jede Unebenheit, jeden Riss und jede Schramme, die eine eigene Geschichte zu erzählen hat. Stolz und schwermütig hocke ich mich neben den gefallenen Recken. Phillips erste Messung ergibt glatte 26 inch, also eine wirklich gute Goldmedaille.

© HuntInMotion

Plains Game

Die nächsten Tage gehören weiterhin dem Plains Game auf der Auslandsjagd in Südafrika. Boris und ich können jeweils ein Warzenschwein und eine Oryx erbeuten, Boris kann darüber hinaus noch einen fantastischen alten Streifengnu-Bullen in den Medaillenrängen erlegen. Immer wieder sind wir bei diesen Pirschgängen dem alten Giraffenbullen begegnet und wie Phillip es vorausgesagt hat, sobald wir eine Waffe dabei hatten, war kein herankommen an diesen erfahrenen Bullen. Am vorletzten Tag will es Boris jetzt aber ganz ernsthaft versuchen. Ich tausche meine Waffe gegen die Fotokamera aus und begleite Phillip und Boris nunmehr, um Fotos zu schießen. Wie ich zuvor, will auch Boris zu 100 % zu Fuß jagen und das Auto nicht einmal zur Fährtensuche einsetzen und so beginnt auch seine Pirsch direkt bei unseren Unterkünften.

Überschrittener Zenit

Die Giraffe zählt wohl zu den schönsten und bekanntesten Wildtieren des afrikanischen Kontinents, jagdlich aber selbst unter Jägern zu den wohl umstrittensten. Der Bulle, dem Boris nachstellen möchte, ist aber so alt, dass er bei der Brunft und Fortpflanzung keine Rolle mehr spielt, dass er seinen Zenit weit überschritten hat und vermutlich das nächste Jahr aufgrund seines hohen Alters nicht überleben würde. Aus diesen Gründen hat Phillip ihn zur Bejagung freigegeben.

© HuntInMotion

Eine enorme Geschwindigkeit

Zügig wandern wir los, wieder die Sonne im Rücken und den Wind im Gesicht. Trotz ihrer enormen Größe sind Giraffen, und wir haben hier in den letzten Tagen etwa 9 verschiedene Tiere gezählt, extrem schwer in dieser Buschlandschaft auszumachen und, wenn sie sich nicht bewegen, kaum zu erkennen. Und wir wollen ja auch nicht irgendeine bejagen, sondern diesen einen alten, dunklen Bullen erpirschen. Wir sind schon mehrere Kilometer unterwegs, als Phillip plötzlich innehält und vor sich auf den Boden deutet. Deutlich steht dort eine riesige Spur im sandigen Boden. Wir hocken uns hin und begutachten ehrfürchtig die klaren Abdrücke im Sand, die zweifelsfrei von eben diesem alten Bullen stammen, denn keine andere Giraffe in dieser Gegend kommt an Größe und Masse an ihn heran. Die Spur ist noch frisch und lässt auf ein eher gemütliches Tempo des Tieres schließen, aber mit ihren langen Läufen legt selbst eine langsam ziehende Giraffe eine enorme Geschwindigkeit vor.

Warzenschwein-Überläufer

Wir folgen der Fährte einige Kilometer und da ich ja keine Waffe, sondern eine Kamera trage, kann ich die Schönheit der Landschaft genießen, während ich gedankenverloren auf der Auslandsjagd in Südafrika hinter Phillip und Boris herlaufe. Die beiden allerdings sind hochkonzentriert, bleiben ab und zu stehen, begutachten die Fährte, prüfen den Wind und pirschen dann weiter. Eine Bewegung knapp 100 m vor uns reißt mich aber aus den Gedanken und holt mich ins Hier und Jetzt zurück! Haben wir die Giraffe bereits jetzt eingeholt? Nein, vor uns stehen drei Warzenschwein-Überläufer im Schatten unter einem Busch. Wind haben sie keinen von uns bekommen und da ihr Sehvermögen im Vergleich zu allem anderen afrikanischen Wild eher gering ist, haben sie uns auch nicht eräugt. Was tun? Wir wissen nicht ganz genau, wie weit wir noch von dem Bullen entfernt sind, und drei flüchtende Warzenschweine können ihn leicht mit sich in die Flucht ziehen.

Kurze Beratung

Nach kurzer Beratung beschließen Boris und Phillip, die urigen Tiere unter ihrem Busch rechtsherum im Halbkreis zu umschlagen und zu hoffen, dass wir die Giraffenfährten auf der anderen Seite wiederfinden. Wir pirschen also weiter, weg vom Wechsel durch jetzt doch eher dichten Busch, bleiben unentwegt an den mit Widerhaken besetzen „Wait-a-bit“-Büschen hängen, die ihren Namen absolut zu Recht tragen. Nur langsam kommen wir hier vorwärts, aber nach wenigen 100 m stehen wir wieder vor unseren Giraffenspuren und können die Verfolgung auf dem Wechsel nun wieder zügiger aufnehmen. Inzwischen sind wir wohl schon 10 km gelaufen, als wir ca. 300 m vor uns zum ersten Mal die gelb-braun gefleckte Flanke einer Giraffe zu Gesicht bekommen. Jedoch nur für eine Sekunde und dann ist sie auch schon wieder in der dichten Vegetation verschwunden. Aber wir sind also dicht dran, wir haben sie eingeholt. Ab jetzt geht alles in Zeitlupe. Phillip vorn, dicht gefolgt von Boris und dann mir, pirschen wir in geduckter Haltung weiter. Der Busch ist hier so dicht, dass wir uns immer wieder hinknien und versuchen, unter den Ästen hindurch die Läufe der Giraffe zu entdecken.

© HuntInMotion

Absehen auf dem Blatt

Boris ist schließlich der erste, der sie  wiederfindet. 40 Meter vor uns zieht der Bulle, dessen enorme Größe uns immer wieder aufs neue fasziniert, schräg nach links von uns weg, verschwindet immer wieder hinter Bäumen, taucht wieder auf. Mal sehen wir nur die Läufe, dann wieder taucht unvermittelt das Haupt hoch über den Baumwipfeln auf, was uns zur absoluten Bewegungslosigkeit zwingt. Als der Bulle unvermittelt stehen bleibt und sich an einigen Blättern hoch oben im dornigen Ästegewirr gütlich tut, ist das Boris‘ Chance. Schnell, aber vorsichtig pirscht er mit Phillip weiter nach links, um so den Bullen auf einer kleinen, freien Schneise abzupassen, sollte er in seine bisherige Richtung weiterziehen. Aber der lässt sich Zeit, hat augenscheinlich einen Baum gefunden, an dem die Blätter besonders gut schmecken. Boris ist im Anschlag und als der Bulle nach Minuten, die uns fast wie Stunden vorkommen, einige Schritte hinaus in die von Phillip erhoffte Richtung zieht, ist Boris' Absehen auf dem Blatt und er lässt fliegen.

Deutlicher Kugelschlag

Selbst aus dieser relativ kurzen Entfernung ist der Kugelschlag als dumpfer Aufprall deutlich zu hören, tödlich getroffen versucht das Tier noch eine Flucht, aber die schnelle zweite Kugel von Boris knapp hinters Blatt fällt den riesigen Recken endgültig. Es ist für uns alle ein so  ungewöhnliches Gänsehauterlebnis zu sehen, wie der Bulle zu Boden geht, denn der Aufprall dieses massigen Tierkörpers aus dieser Höhe wirkt einfach irreal, so fremd, so anders als alles, was wir jagdlich bisher erlebt haben. Staub wirbelt auf und es ist, als bliebe die Zeit stehen, als fiele der alte Bulle in Zeitlupe. Völlig versteinert stehen wir noch da, als sich der Staub längst gelegt hat und sich um uns herum nichts mehr regt. Schweigen! Phillip und ich bleiben zurück, als Boris sich schließlich aus seiner Starre reißt und in diesem unglaublich emotionalen Moment langsam zu seiner Giraffe geht, sich neben das riesige Haupt kniet, die beiden Hörner umfasst, die dunkle Zeichnung des Fells am Hals streichelt. Alles ist still und ich spüre, dass auch Boris genau wie ich einen Klos im Hals hat. Giraffenjagd ist Emotion pur und lässt den Jäger zwischen Freude, Wehmut, Stolz und Schmerz zurück wie keine andere Jagd. Weidmannsheil, Boris!

© HuntInMotion

„Free State“

So geht dann nach 10 Tagen eine unvergessliche Zeit mit vielen tollen Erlebnissen auf der Farm Mungu Zawadi zu Ende. Boris wird zu Hause in Deutschland im Büro erwartet, aber ich habe noch die Möglichkeit, einige Tage bei Freunden in Vereeniging in der Provinz Gauteng südlich von Johannesburg zu verbringen. Ich bin eingeladen, mit Johan und seiner Tochter Carisa auf einer Farm von deren Freunden im noch südlicher gelegenen „Free State" auf Blessbock zu weidwerken. Das kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen, denn wann bekommt man schon einmal die Möglichkeit, völlig free-range auf Blessbock zu jagen - und das nicht kommerziell, sondern gesellig mit Freunden? Die Farm ist mit ca. 10.000 ha ansehnlich groß und lediglich von niedrigen Weidezäunen begrenzt, das Wild wechselt hier nach Belieben ein und aus. Johan und Carisa jagen hier regelmäßig, für sie ist dies so eine Art „Supermarkt für Biltong (Trocken-fleisch) und Boerewors (Bauernwurst)", kommen sie doch oft zur Wildbret-Gewinnung hierher.

Weiter rausreichen auf der Auslandsjagd in Südafrika

Die Frage Johans: „Wie weit traust du dir denn zu schießen zu?" weckt in mir eine vage Vorahnung, dass man hier wohl etwas weiter rausreichen muss. Zum Glück habe ich auf meiner Mauser M03 in 8x68S das taktische Zielfernrohr ZP5 von MINOX montiert, so dass ich über die Schnellverstellung  mit wenigen Klicks die gewünschte Entfernung auf Fleck stellen kann. Mit der richtigen Auflage traue ich mir deshalb durchaus Schüsse bis 500 m zu.

Karge Landschaften

Empfindlich kühl ist es auf der Auslandsjagd in Südafrika, als wir am nächsten Morgen noch vor Sonnenaufgang unsere Sachen im Geländewagen verstauen und uns auf den Weg ins etwa 50 km südlich gelegene Jagdgebiet machen. Mit jedem Kilometer, den wir zurücklegen, wird die Landschaft um uns herum karger und karger, bis zuletzt fast gar keine Büsche oder Bäume mehr zu sehen sind. Ganz anders noch als weiter nördlich in der Limpopo Provinz gibt es hier nichts, aber auch wirklich gar nichts, was Deckung beim Pirschen verheißen könnte. Das Ganze erinnert mich an mein Jagderlebnis auf Gabelhornantilope in den Weiten der Prärie in Wyoming, nur dass hier erschwerend hinzukommt, dass das Terrain absolut flach ist und nicht die kleinste Wellung aufweist. Dies wird also ein ganz anderes Jagen als noch vor ein paar Tagen auf Phillips Farm Mungu Zawadi.

© HuntInMotion

Ca. 2.900 Tiere

Auch verstehe ich jetzt, was Johan meinte, als er mich auf meine maximale Schussentfernung ansprach. Schon als wir durch das Gatter zum Farmgelände rollen, sehe ich in weiter Entfernung große Herden von Wild, kann aber nicht genau ausmachen, um welche Spezies es sich hier handelt. Carisa scheint meine Gedanken zu lesen: „Das sind schon die ersten Blessböcke. Bei der letzten Bestandsaufnahme sind ca. 2.900 Tiere gezählt worden. Daneben gibt es hier noch Strauße, Zebras und Springböcke"! Ich nehme mein Fernglas und versuche mehr als nur braune Punkte zu erkennen, aber auf diese Entfernung gelingt mir das noch nicht. „Sind Springböcke auch jagdbar hier?" frage ich. Als Antwort zieht Carisa ihr Handy aus der Tasche, es folgt ein kurzes Gespräch auf Afrikaans, in dem ab und zu das Wort „Springboken" fällt, dann wendet sie sich an mich und sagt: „Der Farmer hat grünes Licht gegeben - wenn ein braver Bock kommt, kannst du gerne dein Glück versuchen". Ich bin begeistert.

Schwieriges Ansprechen

Wir halten irgendwo mitten im Nirgendwo auf der Auslandsjagd in Südafrika, nehmen Rucksack, Gewehr, Fernglas und Munition vom Wagen und wandern los, wieder einmal den Wind im Gesicht und die Sonne im Rücken. Johan erklärt mir, dass es unmöglich sein wird, sich unbemerkt einer Herde Blessböcke zu nähern. Vielmehr werden wir schauen, wie groß die Fluchtdistanz der Antilopen heute ist. Beim Angehen müssen wir also genau darauf achten, ab welcher Entfernung die Tiere anfangen nervös zu werden und wann sie abspringen. Irgendwo dazwischen wird heute meine Schussentfernung liegen. Als wir uns der ersten Herde nähern, werfen die ersten Tiere bereits auf, als wir noch über 400 m entfernt sind, und äugen zu uns herüber. Besonders beunruhigt wirken sie allerdings nicht und erst als wir auf ca. 300 m heran sind, geht die Herde ab, allerdings nur wenige hundert Meter, bis eine sichere Distanz wieder hergestellt ist. Bei den Blessböcken tragen sowohl die männlichen als auch die weiblichen Tiere Hörner, so dass ein sehr genaues Ansprechen nötig ist, was besonders schwierig ist, da die Tiere einer Herde, die bis zu 100 Exemplare und mehr umfassen kann, meist dicht beieinander stehen.

Ein braver Blessbock

Carisa ist mit Ihren gerade mal 22 Jahren bereits ausgebildete Berufsjägerin, so dass ich mich voll auf ihr Urteil verlassen kann (und auch muss, denn für mich sehen aus 400 m Entfernung alle Blessböcke gleich aus). Wir pirschen an diesem Vormittag mehrere Herden an, aber jedes Mal gehen diese flüchtig ab, noch bevor wir aus dem Gewirr an Läufen und Hörnern einen guten Bock haben ausmachen können. Carisa findet diesen zwar immer mit sicherem Blick, aber mir dann zu erklären, welches Tier sie nun auserkoren hat, das dauert seine Zeit - bisher zu lange. Gegen Mittag, die Sonne steht hoch am Himmel und hat die Steppe bereits kräftig aufgeheizt, gehen wir eine Gruppe von etwa 50 Blessböcken an, bei der etwas abseits ein guter Bock steht, dessen lange, gebogene Hörner sogar ich als kapital erkenne. Lustiger Weise hat sich ein einzeln gehender Springbock dieser Herde angeschlossen und grast friedlich inmitten der Blessböcke. Aber unser Augenmerk liegt auf dem braven Blessbock, denn die Gelegenheit, dass er nicht inmitten seiner Herde steht, ist günstig.

Einigermaßen stabile Schussposition

Darüber hinaus haben Johan und Carisa diesen Bock als einen alten, sehr kapitalen angesprochen. Bis auf 400 Meter kommen wir problemlos an die Tiere heran, dann fangen einige weibliche Stücke an, nervös zu werden, aufzuwerfen und zu uns herüber zu sichern. Der Bock hingegen äst noch vertraut. Eine flüchtende Herde würde aber auch ihn mitziehen, so dass wir ab jetzt extrem vorsichtig sein müssen. Wir pirschen in stark gebückter Haltung weiter, um unsere Silhouetten zu verkleinern und somit einen größeren Abstand zu suggerieren. Weitere 50 m können wir uns so der Herde nähern, aber inzwischen sind alle Tiere in erhöhter Alarmbereitschaft, was deutlich an ihrer Körpersprache zu erkennen ist. Wir legen uns flach auf den Bauch, ich versuche die Waffe auf meinem Rucksack aufzulegen, um eine einigermaßen stabile Schussposition zu finden.

© HuntInMotion

Mitten in der Herde

Unruhig ziehen alle Stücke nun umher, der Bock ist inzwischen in die Mitte seiner Herde gewechselt, aber ich kann ihm im Zielfernrohr gut folgen. So langsam, da wir uns nicht mehr bewegen, beruhigt sich die Herde wieder und einige Tiere gehen sogar erneut zum Äsen über, aber der Bock zieht noch unruhig umher. Ich habe mein taktisches Zielfernrohr auf 350 m justiert, kann also auch auf diese Entfernung Fleck anhalten. Carisa gibt mir den Bock frei, ermahnt mich aber zu warten, bis er stehen bleibt. Dieser denkt gar nicht daran, zieht weiter unschlüssig umher, entfernt sich aber wenigstens nicht weiter von uns. Was mir wie eine Ewigkeit vorkommt, sind vermutlich nur wenige Minuten und plötzlich bleibt der Bock stehen, steht breit und frei. Ein Schuss zerreißt die Stille und während ich repetiere und der Bock auf der Stelle zu Boden geht, meine ich sogar den Kugelschlag gehört zu haben. Dann ist wieder alles gespenstisch still.

Blitzartiges Zusammensacken

Erstaunlicher Weise haben sich alle anderen Tiere überhaupt nicht vom Schuss beeindrucken lassen. Einige schauen zu uns herüber, andere äsen weiter, als wäre nichts geschehen. Auch der Springbock, der sich unter diese Herde gemischt hat, zeigt überhaupt keine Anzeichen von Nervosität oder gar Flucht. Etwas verwundert schaue ich zu Carisa rüber und ihr Blickt scheint zu sagen: „Na, du wolltest doch einen Springbock - der hier ist gut, also wenn du magst, dann schieß". Ich brauche meine liegende Position nur ein klein wenig zu korrigieren, die Schnellverstellung meines MINOX-Zielfernrohres stimmt noch, so dass ich auch hier Fleck anhalten kann. Ich habe den Springbock, der doch ein ganzes Stück kleiner ist als ein Blessbock, im Fadenkreuz, meine Auflage auf dem Rucksack ist immer noch sehr stabil und ich lasse wiederum fliegen. Das Norma Swift A-Frame lässt auch den Springbock an der Stelle blitzartig zusammensacken, an der er stand, aber sicherheitshalber repetiere ich durch, bleibe noch einige Zeit im Ziel, aber nichts passiert.

Minziger Duft

Unglaublich, dass ich innerhalb von einer Minute doppeltes Weidmannsheil auf der Auslandsjagd in Südafrika hatte. Wir stehen auf, gehen die 350 m zu der Stelle, wo meine beiden Böcke gerade mal 20 m auseinander liegen. Carisa rät mir, zuerst zum Springbock zu gehen, solange dieser noch die Rückenhaare zu dem für Springböcke so charakteristischen Kamm aufgestellt hat. Mit der Hand fahre ich durch sein Fell, das einen angenehmen, minzigen Duft verströmt. Die Trophäe ist, so erfahre ich, für diese Region durchaus ansehnlich, weiter südlich ist aber die wahre Heimat kapitaler Springböcke. Dann wende ich mich dem Blessbock zu, dem ja mein eigentliches Ansinnen galt. Was für ein kapitaler Bursche! Mit beiden Händen umfasse ich die starken Hörner, fasziniert fahre ich mit den Fingern darüber und wie schon bei meinem Goldmedaillen-Impala mischen sich Stolz und Schwermut und ich brauche einige Minuten der Besinnung, bevor wir einige Erlegerbilder machen.

Auslandsjagd in Südafrika – gesichertes Biltong

Biltong, das ich so liebe und das in Deutschland so schwer zu bekommen ist, ist für die nächsten Wochen auf jeden Fall gesichert. Welch ein krönender Abschluss unserer 14-tägigen Safari in diesem wunderschönen Land, die mir und ganz besonders auch Boris ganz sicher nicht nur aus jagdlicher Sicht immer in Erinnerung bleiben wird!

© HuntInMotion