Mythos Afrika - auch heute noch ist es der Herzenswunsch vieler Jäger, einmal auf dem afrikanischen Kontinent zu jagen. Die dortige Jagdkultur unterscheidet sich grundsätzlich von der europäischen und lässt erfahrene Auslandsjäger schwärmen.

Lagerfeuer bevorzugt  

Das Feuer im Kamin lodert hell. Prasselnde Flammen springen, züngeln, zucken in bläulich grünen Farbtönen an den Holzscheiten empor, Rauch und Funken fliehen durch den engen Schornstein davon, und allmählich breitet sich die Glut bis zum Rand des eisernen Rostes, der den Feuerplatz begrenzt, aus. Es knackt, schimmert, leuchtet – die Flammen streben beengt aus ihrem, von Menschenhand geschmiedeten, in den Ausmaßen genau berechneten kleinen Raum nach oben. Das Kaminfeuer ist für mich nur Ersatz. Ich bevorzuge ein Lagerfeuer, saß Jahrzehnte lang in Afrika davor. Es fasziniert mich, hat mir mein Essen gekocht, mich gewärmt, am Leben erhalten, immer wieder meine Gedanken beflügelt und Träume bewahrt. Es war der Schein von Flammen, die ungezügelt auf dem Erdboden der Wildnis fackelten, als Bild von ungebändigter Freiheit ins Gedächtnis gebrannt – von der Freiheit eines Kontinents, in dem ich manche Jahre jagte und vom Waidwerk lebte, nicht durch Gesetze beschränkt, nicht auf begrenztem Raum jagen musste wie die Menschen in dem so engen Europa.  

Mythos Afrika - unter endlosem Sternenhimmel  

Die Flammen werden kleiner und kleiner, verlöschen endgültig, und ich starre traumversunken in die dunkle Glut. Erinnerungen werden wach, Geschichten und Bilder früherer, glücklicher Tage entstehen vor meinem geistigen Auge, erst noch unscharf, verschwommen, dann aber nehmen sie feste Gestalt an, als hätte ich das Geschehen erst gestern erlebt. Meine Gedanken wandern in die Vergangenheit, wandern nach Afrika, dem endlosen Kontinent, dem meine ganze Liebe gilt. Ich träume von dem klaren Sternenhimmel, der nächtlichen Melodie des Urwaldes und der endlosen Steppe.  

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Jagdliches Können  

Meine ersten jagdlichen Erfahrungen auf afrikanischem Boden sammelte ich als achtzehnjähriger Farmeleve auf einer Farm in Südwestafrika, dem heutigen Namibia, wo ich frei, ohne nennenswerte Auflagen, auf einer Fläche von über 12.000 Hektar jagen konnte und damit meinen Lebensunterhalt verdiente. Es begann eine innige Freundschaft zu einem wunderbaren Land, die sich zu einer wirklichen Liebe entwickelte. Ich lernte sehr bald, dass Jagen in Afrika anders verstanden wird als in Deutschland. Nicht passives Warten auf Wild, sondern aktives, Kräfte zehrendes, alle Sinne beanspruchendes, spannendes, anstrengendes Betätigen. Das Jagen besaß den Hauch der Ursprünglichkeit, verlangte Abenteuerlust, Risikobereitschaft und Mut. Jagdlichen Massentourismus gab es nicht. Jägerisches Können zählte mehr als Luxus, Hightech und für jedermann käufliches Vergnügen. Abschüsse zu vermarkten war den meisten Farmern in Südwest noch bis zu den sechziger Jahren unbekannt.    

Willkommene Abwechslung  

Mein damaliger Chef nutzte zum Beispiel seine Wildbestände lediglich als willkommene Abwechslung für den Küchenzettel der Farmangestellten. Meine Aufgabe war es unter anderem, dafür jede Woche zwei, drei Stück Großwild zu schießen. Dabei halfen mir zwei Einheimische, von denen ich viel über Afrikas Flora und Fauna, über Leben und Jagen in unberührter Natur lernte. Wie die meisten einheimischen Jäger, die mich später auf meinen Safaris begleiteten, strahlten sie Würde, Selbstsicherheit und vor allem einen Naturinstinkt aus, den ich in Europa vermisse. Auf meinen Streifzügen durch das Veld, wie das offene, ebene Grasland der subtropischen Höhengrassteppen im südlichen Afrika genannt wird, (Veld heißt „Land außerhalb der Stadt“) wurde meine Liebe zu Afrika immer größer, je länger ich dort lebte, je tiefer ich in das Innere vordrang und je mehr der afrikanische Kontinent sich mir öffnete. Es begann mit dem „Traumland Südwest“, wie es der Schriftsteller und Journalist Hans Otto Meissner nannte, mit seinem ewig blauen Himmel, verhältnismäßig karger Landschaft und dennoch abwechslungsreichem Wildbestand, wo ich unbegrenzt jagen, die Einschränkungen in Deutschland vergessen durfte.  

Ein Land gigantischer Gegensätze  

Später verließ ich Namibia. Die Landschaft der Republik Südafrika erinnerte mich manchmal an den Schwarzwald, die Eifel oder das Alpenvorland, nur sind die Gebiete ursprünglicher, wilder und wildreicher. Länger blieb ich auch in den Jagdparadiesen Ostafrikas. In Rhodesien, dem heutigen krisengeschüttelten Zimbabwe, jagte ich mit freundlichen einheimischen Helfern, wurde in Tansania wie ein Freund aufgenommen und durfte auch dort mit meinen Gästen am Wildreichtum teilhaben. Auch Westafrika zog mich in seinen Bann, überall wurde ich von den Einheimischen herzlich aufgenommen und schon nach kurzer Zeit als Jäger akzeptiert.  Der Zauber mit dem mich Afrika in seiner grandiosen Schönheit und der Einmaligkeit seiner Tier- und Pflanzenwelt sowie seiner Landschaft begeistert, ist aber nicht auf die Jagd beschränkt. Es ist ein Land gigantischer Gegensätze zwischen, bitterer Armut und Reichtum, zwischen Weite und Enge, blühenden Landschaften und kargem Lebensraum, dichtem Busch und „kahler“ Wüste, überschäumender Lebensfreude und Melancholie, Eile und Lethargie, Liebe und Hass, zwischen eisiger Kälte und glühender Hitze.  

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Mythos Afrika – Ehrfurcht vor den Natur  

Der Kontinent hat für mich trotz umwälzender Veränderungen in den letzten Jahrzehnten nichts von seiner Faszination verloren und damit ebenso nicht der Mythos Afrika. Jahr für Jahr lockt es mich, wie zahlreiche andere Jäger aus allen Teilen der Welt, zu herausfordernden Safaris in das Jagdparadies. Während man in hochzivilisierten und -industrialisierten Ländern Naturgewachsenes unbedacht, unbescheiden, unvernünftig dem falsch verstandenen Begriff Fortschritt opfert, die Zerstörung der Natur mit Riesenschritten voran schreitet, bietet Afrika noch letzte große, einigermaßen ökologisch intakte Naturräume. Fortschritt, Bequemlichkeit, Reichtum, hochentwickelte Zivilisation mit übertriebener Technik, die viele Europäer der Natur immer mehr entfremdet, bedeutet für viele Afrikaner nicht so viel wie für uns. Bei einem großen Teil insbesondere der Landbevölkerung auf dem afrikanischen Kontinent ist Ehrfurcht vor der Natur, auch vor den Naturgewalten noch tief verwurzelt, während wir dagegen unseren Verstand bemühen.  

Alles zusammen  

In weiten Teilen des gewaltigen Erdteils scheint die Welt deshalb noch in Ordnung, die Natur in großen Gebieten sich im Gleichgewicht zu halten. Aber die Anzeichen mehren sich, dass auch dort die Nachteile der Zivilisation, der Druck durch Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum zunehmen. Ist es die unergründliche Weite mit ihrer unvergleichlichen Fülle verschiedener Landschaften und einer immer noch geradezu mythischen Pflanzen- und Tierwelt die den Mythos Afrika so reizvoll erscheinen lassen? Ist es das Klima, das die meist fröhlichen und genügsamen Menschen dort auszeichnet? Die klare, saubere Luft oder die wilde Ursprünglichkeit? Sind es die unvergesslichen Sonnenaufgänge mit atemberaubend schnellem Wechsel von tiefem Purpur über unzählige Rotabstufungen bis zum Gelb, Gold und orange, wenn die Sonne am Horizont auftaucht? Oder sind es die nächtlichen fremden und doch so vertrauten Geräusche und Gerüche und der unendliche Sternenhimmel? Wahrscheinlich ist es alles zusammen und noch viel mehr, was mich für Afrika so begeistert.

Das Afrikavirus  

Vielen meiner Jagdgäste, etliche von ihnen sind „Wiederholungstäter“, geht es ähnlich, sie sprechen von dem Afrikavirus, dem Mythos Afrika, den sie nicht mehr loswerden. Ich träume oft von meinen Safaris, habe vieles in meinen Büchern veröffentlicht und hoffe, dass solche Jagdreisen für meine Kinder auch noch Wirklichkeit bleiben und nicht nur Träume werden.  

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