Betrug bei Jagdreisen gibt es in der Branche nicht gerade selten. Der Kunde versucht, möglichst wenig auszugeben, der Vermittler, möglichst viel rauszuholen. Szenekenner Gert G. v. Harling gibt einige interessante Beispiele bei der Auslandsjagd.
Vertrauen auf der Jagdreise
Jäger sind stolz darauf, unter dem Ehrenschild des edlen Waidwerks versammelt zu sein. Zu Recht, doch dieses Ehrenschild hat Flecken und Scharten bekommen. Ich meine nicht kleine Übertretungen, die den Jäger dann und wann vom Pfad der waidmännischen Tugend abbringen, sondern kriminelle Machenschaften unter dem Schutz des Ehrenschilds Waidwerk. Es sind vor allem Betrug bei Jagdreisen und kleine andere Betrügereien im Zusammenhang mit Jagdreisen. Betrüger haben hier ein leichtes Betätigungsfeld, denn wer sich seinen Traum von einer Auslandsjagd erfüllt, der ist hochgestimmt, schließt ja einen Vertrag mit einem seelenverwandten Wesen – einem Waidmann – ab, und beides kann zu blindem Vertrauen führen. Allerdings sind auch unter den Kunden einige, die alle Scham fallen und ihre waidmännischen Tugenden zu Hause lassen. Nachfolgend einige Beispiele.
Minimaler Betrug
Nach erfolgreicher Jagd in den schottischen Highlands am Ende des letzten Jagdtags 15 brave Gehörne auf dem Tisch vor der Jagdhütte in der Sonne zum Bleichen. Vor unserer Abreise beobachtete ich während des Frühstücks mit meinen Gästen, dass unser Jagdführer sie in einem Pappkarton verstaute, um im nahen Schuppen zu verschwinden. Nachdem ich meine Spiegeleier verzehrt hatte, folgte ich, um ihm zu sagen, er möge die Trophäen nicht einpacken, weil wir sie an der Grenze vorzeigen müssten. Als ich die Scheune betrat, machte sich Peter mit einer Feile an einem Unterkiefer zu schaffen. „German hunters rather like to shoot old roebucks“, klärte er mich verschmitzt grinsend auf, ohne von seiner Arbeit aufzuschauen. Der alte Fuchs wollte seine Gäste keineswegs betrügen, er meinte es gut, wollte ihnen eine Freude machen. Betrug sieht anders aus.
Trophäen aus dem Gatter
Ich denke da an fünf Schweizer Jäger, die in der ungarischen Puszta dreißig starke Böcke schießen wollten. Für diese Aktion hatten sie vier Jagdtage eingeplant und eine beträchtliche Anzahlung geleistet. Nun sind auch in den Weiten des Magyarenlands Goldmedaillenböcke nicht so dicht gesät, die heimischen Jagdführer brachen ob der Wünsche ihrer betuchten Gäste deswegen auch nicht in Begeisterungsstürme aus, aber schlussendlich wurde den Eidgenossen am Ende der Reise eine beträchtliche Rechnung über 30 erlegte Rehböcke präsentiert. Die Hälfte hatte immerhin eine Medaille bekommen. Da brauchst du in den nächsten Jahren keine Gäste mehr hinzuschicken, überlegte ich, teilte meine Bedenken auch den ungarischen Herren mit, aber von dort kam Entwarnung. Wie ich unter vorgehaltener Hand erfuhr, waren zehn kapitale Rehböcke zwei Tage vor Ankunft der Jagdgäste aus einem nahe gelegenen Gehege „ausgebrochen“. „Das ist doch Betrug!“, schimpfte ich mit dem Jagdveranstalter. „Nix Betruug, wollen Häärren Medaillen, haben Häärren Medaillen bekommen und sind zufrieden“, zuckte der Oberjäger die Schultern. Ich kann seine Einstellung nicht teilen. Stellen Gäste überhöhte Anforderungen, berechtigt das nicht zu derlei Betrug bei Jagdreisen.
Maximaler Betrug bei Jagdreisen
Ich denke an einen polnischen Pirschführer, unter dessen Führung viele Rehböcke erst nach einer „schwierigen“ Nachsuche gefunden wurden. Harrten Führer und Gast auf dem Hochsitz, und erschien in weiter Entfernung ein Bock, drängte der geschäftstüchtige Jagdführer penetrant, sofort zu schießen: „Iss stärkstes Bock von Revier.“ Dem Jagdgast wurde keine Zeit gelassen, den Bock anzusprechen. Nach dem Schuss eilte der Führer sofort Richtung Anschuss, und noch fünfzig Meter darüber hinaus. Dort lagen Schweiß und Panseninhalt, aber kein Bock. Der Gast überzeugte sich davon, obwohl er beobachtet hatte, dass der Bock woanders gezeichnet hatte oder im Schuss zusammengebrochen war. Die Pirschzeichen waren schließlich einwandfrei, und nun musste nachgesucht werden. Das geschah auch, aber unter irgendwelchen Vorwänden stets ohne den Schützen, und die Suche verlief immer erfolgreich. Dem Gast wurde später freudig ein sehr starkes Gehörn übergeben.
Echte Überzeugungsarbeit
Auch mich überredete der Mann zu einem weiten Schuss, der Bock zeichnete mit einer hohen Flucht, ich war sicher, er lag. Mein Begleiter stürmte sofort weit über den Anschuss hinaus, zeigte mir Schweiß und versprach, nach zwei Stunden mit einem Kollegen und dessen Schweißhund wiederzukommen. Mir ließ die Angelegenheit keine Ruhe. Ich schlich noch einmal zum Ort des Geschehens und fand auf Anhieb den Bock, der nach wenigen Fluchten zusammengebrochen war. Aber woher kam der Schweiß fünfzig Meter weiter? Das Geheimnis lüftete sich, als abends der Wodka die Zungen löste. Unser Führer trug stets eine Flasche mit Schweiß und Panseninhalt mit sich. Erschien ein Bock, drängte er zum Schuss und verspritzte dann in der Nähe des Anschusses oder des verendeten Wildes „seine“ Pirschzeichen. Da die beschossenen Böcke meistens nicht stark waren, konnte er auch nur ein geringes Trinkgeld vom Schützen erwarten, denn das fällt umso großzügiger aus, je stärker das erbeutete Gehörn (aus dem Fundus des Führers) und desto schwieriger die (meistens unnötige) Nachsuche war. So sieht astreiner Betrug aus.
Die CIC-Punkte
Ein besonderes Erlebnis widerfuhr einem Jäger, der in Bulgarien einen Hauptbär erlegt hatte. Die Decke brachte laut offizieller Bewertung über 450 CIC-Punkte – Goldmedaille. Anstandslos bezahlte der Schütze die hohen Gebühren. Die Ernüchterung kam dann in Deutschland. Der deutsche Präparator vermaß die Decke erneut und stellte eine erhebliche Abweichung fest, aus dem Hauptbären wurde ein deutlich geringerer Bär. Durch diesen, nicht selten angewendeten Betrug bei Jagdreisen, war das gesamte Geld futsch. Auch umfangreicher Schriftwechsel mit dem Jagdveranstalter im Ausland, Gerichtsort des Vertrags war Sofia, brachte es nicht zurück. Hätte sich der Gast vor Ort vergewissert, dass die Decke ordnungsgemäß gewogen worden wäre, und nicht dem (kriminellen) Veranstalter blind vertraut, hätte er ein kleines Vermögen gespart. Es ist ratsam, beim Bewerten der Trophäen immer dabei zu sein. Zwar können Irrtümer beim Vermessen unterlaufen, aber die Zeiten, dass ein Schädel noch nass gewogen wird, ominöse „Schönheitspunkte“ vergeben (und berechnet) werden oder sonst wie manipuliert wird, sind zumeist vorbei. Die Bewertung erfolgt größtenteils durch staatliche Kommissionen, und die bereichern sich in der Regel nicht an Gästen.
Betrug durch Jagdgäste
Eine andere Art von Betrug bei Jagdreisen: Auch Jagdgäste, die sich eine kostspielige Jagdreise leisten, sind nicht immer ganz astrein. In Simbabwe erzählte mir ein befreundeter Jagdführer von einem Arztehepaar aus Hannover, das eine 21-tägige Safari für 20.000 Dollar gebucht und eine Anzahlung von 2.000 Dollar geleistet hatte. Der Berufsjäger holte das Paar vom Flughafen ab. Der sportliche Arzt schwang sich auf den Beifahrersitz, seine hübsche, blonde Frau nahm auf dem Rücksitz Platz, und schon brauste das Auto Richtung Jagdcamp. Auf der Fahrt bemerkte der Fahrer im Rückspiegel, dass die junge Frau ihm auffällig zuzwinkerte, und während der vierstündigen Reise flirteten die beiden nun unbemerkt vom Ehemann via Spiegel. Im Camp nahm man einen Sundowner, dann brachte mein Freund das Paar zu deren Zelt. Nachdem er ein paar Dinge mit seinen Helfern geregelt hatte, begab er sich in sein Zelt auf der anderen Lagerseite. Beim Schuheausziehen ging plötzlich der Reißverschluss seines Zelts auf, die junge Frau kam herein. Die beiden unterhielten sich über ihre missglückte Ehe und kamen sich näher. Dabei begann auch er, seine Kleider abzulegen.
Eine Jagdreise zum Vergessen
Da wurde das Zelt aufs Neue aufgerissen, der Ehemann erschien. Beim Anblick seiner Frau in den Armen des Berufsjägers machte er auf dem Absatz kehrt, raste zu seinem Zelt und kam in der Absicht, den Konkurrenten zu erschießen, mit seiner geladenen Doppelbüchse zurück. Die Frau Gemahlin irrte derweil zum Amüsement des Lagerpersonals splitternackt und kreischend im Lager umher. Es folgte ein kurzes Handgemenge, begleitet von üblen Beschimpfungen. Mein Freund konnte den Gast schließlich besänftigen, während sich die Frau lamentierend im Gästezelt verbarg. Zu guter Letzt einigten sich die Männer, den Streit vorerst beizulegen und die Safari durchzuführen. Der Deutsche versprach, den Vorfall (in Afrikas Berufsjägerkreisen ist diese Art hormoneller Wallungen unter dem Begriff ‚“Kaki-Fieber“ bekannt) nicht anzuzeigen, denn das hätte meinen Freund die Jagdlizenz gekostet. Als Gegenleistung gab sich mein Freund mit der Anzahlung für die Jagdreise zufrieden und verzichtete auf den Restbetrag. Die Safari endete erfolgreich, über den Zwischenfall wurde kein Wort mehr verloren.
Bekannter Betrug bei Jagdreisen
Ein Jahr später nahm mein Freund an einer Berufsjägertagung teil. An seinem Nachbartisch saßen südafrikanische Jagdführer. Einer von ihnen erzählte folgende Geschichte über Betrug bei Jagdreisen: Ein Arztehepaar aus Hannover hatte eine 21-tägige Safari für über 20.000 Dollar gebucht. Die Anzahlung war pünktlich überwiesen worden, und er holte das Paar vom Flughafen ab. Während der Fahrt in den nördlichen Teil der Republik begann die junge Frau, mit ihm ungeniert im Rückspiegel zu flirten. Im Camp angekommen, nahm man noch einen Sundowner, anschließend brachte der Mann aus Südafrika das Paar zu ihrer Unterkunft, ging zu seinem Zelt, zog sich aus, und während er Pläne für den kommenden Jagdtag schmiedete, erschien die Frau und erzählte von ihrer unglücklichen Ehe – alles weitere kennen Sie bereits. Das Paar hatte mindestens drei 20.000-Dollar- Safaris gemacht und jeweils nur 2.000 Dollar Anzahlung geleistet – einzigartiger Betrug.
Eine Jagdreise fürs Gericht
Von meinen eigenen Erfahrungen mit deutschen Gerichten und Betrug bei Jagdreisen sind zwei weitere Episoden erwähnenswert: Zu einer Drückjagd in Russland wurden wir am Flugplatz in Moskau mit drei Autos abgeholt und fuhren in das vier Stunden entfernte Revier. Bei einem der Geländewagen pustete der Motor nur die Hälfte des Qualms durch den Auspuff, die andere Hälfte hinterließ narkotisierende Wirkung im Innenraum, obwohl sich das Rückfenster nicht schließen ließ. Zwei Jagdgäste argumentierten später, sie hätten durch die zugige Luft im Auto ein steifes Genick bekommen und so in den nächsten Tagen nicht sicher schießen können. In der Tat hatten sie öfter gefehlt als getroffen und prozessierten auf Schadenersatz, es kam zu einem Vergleich.
Mangelnde Schussfertigkeit
Ein weiterer Fall: Drei Jäger hatten an zwei Tagen nur sieben Tauben erlegt, aber mehr als 250 Schrotpatronen verschossen. Zwei Wochen vorher hatte ich mit meinem Sohn im selben Gebiet gejagt, mein Filius erlegte an einem Vormittag über hundert Ringeltauben. Daher hatte ich vor Reiseantritt der Drei in Aussicht gestellt, es wäre selbst bei ungünstigen Witterungsbedingungen und durchschnittlichen Treffkünsten mit Tagesstrecken von 30 bis 40 Vögeln pro Schütze zu rechnen. Nach der Rückkehr verklagten mich die Herren, weil sie angeblich kaum Tauben gesehen hätten. Mein englischer Partner sagte vor Gericht aus, es wären so viele Vögel geflogen wie selten, die Männer hätten miserabel geschossen, und präsentierte die Kopie einer Rechnung über 250 Schrotpatronen, die seine Gäste von ihm gekauft hatten. Der Richter argumentierte, nicht die Zahl abgegebener Schüsse, sondern das Ergebnis zählt. Ich musste mich mit einem Vergleich zufriedengeben.